Memmingen zur besten Sendezeit

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(Mit unnachgiebiger Härte, 2.2.,20 Uhr 15, ARD) Thema des Berichtes von Heike Mundzeck zur Hauptsendezeit in der ARD ist der unglaubliche Abtreibungsprozeß gegen Dr. Horst Theissen und weitere 165 Frauen in Memmingen wegen angeblich „falscher“ Notlagenindikation. Seit fünf Monaten wird den Frauen und dem Arzt die Hölle heiß gemacht. Die ärztliche Schweigepflicht wurde von der Staatsanwaltschaft gebrochen, und rücksichtslos Patientenakten an die Öffentlichkeit gezerrt. Demütigende Befragungen vor Gericht mußten Frauen und Angehörige über sich ergehen lassen. Wie ein Schwerverbrecher mußte sich Dr. Theissen für ein hohes Lösegeld aus dem Knast loskaufen. Der Filmbericht zeigte die Geschichte dieses Prozesses, wagt nach den Hintergünden zu fragen. Der Staatsanwalt erweist sich als Marionette, flach, dumm und von selbstgerechten Fäden gelenkt. Solange ihm Kraft seiner Funktion nichts bekannt war, obwohl es alle nutzten und wußten, solange hat er keine Veranlassung gesehen, etwas zu unternehmen.

Die bayrische Staatsregierung will ein Exempel statuieren. Wenn es zur Verurteilungen kommt, so Rechtsanwalt Sebastian Cobler, wird niemand mehr eine Notlagenindikation zu stellen wagen. Die Leute auf der Straße sind für die Frauen, für Dr. Theissen. Jedem kann eine ungewollte Schwangerschaft passieren, das wissen Frauen wie Manner.

Man sollte dieses Gericht Tag und Nacht und immer wieder besetzen, um zu verhindern, daß auch noch ein einziger Prozeßtag stattfindet. Was sich hier eine ganze Landesregierung herausnimmt ist Vernichtung. Selbstverständliche Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Vertrauen zu dem eigenen Arzt, werden hier im Sinne eines fragwürdigen Paragraphen im Handumdrehen zu nichte gemacht. „Notlagen“, so Dr. Theissen, „können letztlich von uns nicht beurteilt werden, ich will kein Schnüffler sein, sondern Partner der Patienten.“

Maria Neef-Uthoff