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UNO: Iran exekutiert jetzt auch Frauen

■ Report für Jahrestagung der Menschenrechtskommission spricht von insgesamt mehreren tausend Exekutionen / Berichte über Besuchsverbote und Einzelhaft für Frauen als Alarmzeichen

Berlin (taz) - Nach der Gefangenenhilfsorganisation amnesty international (ai) hat jetzt auch die UNO die Zahl der seit August im Iran hingerichteten politischen Gefangenen auf mehrere tausend beziffert. Diese Bilanz ist in einem Bericht der UNO-Menschenrechtskommission für ihre Jahrestagung enthalten. Von der Hinrichtungswelle, die mit dem Waffenstillstand im Golfkrieg Ende August einsetzte, sind Anhänger der Volksmudschaheddin und anderer oppositioneller Organisationen betroffen.

In dem UNO-Bericht wird darauf hingewiesen, daß in einigen Fällen auch mehrere Mitglieder bestimmter Familien oder Frauen exekutiert wurden. Auch amnesty international hatte im Dezember über Frauen informiert, die in Lebensgefahr schweben. Dazu gehören Monireh Rajavi und Zohre Ghaeni, denen das Todesurteil droht. In der Bundesrepublik lebende Verwandte iranischer Frauen im Gefängnis veröffentlichten kürzlich eine Erklärung, in der es hieß, bislang seien Frauen größtenteils von der Hinrichtungswelle verschont geblieben. Angehörige von politischen Gefangenen im Iran hätten jedoch berichtet, daß mit dem Herannahen des Jahrestages der Revolution am 11. Februar zunehmend inhaftierte Frauen verhört und gefoltert würden.

Das Iran-Solidaritätskomitee berichtete im Januar, ähnlich wie im Falle der Männer in den Sommermonaten des vergangenen Jahres würden jetzt über immer mehr Frauen in den politischen Gefängnissen Besuchsverbote oder -einschränkungen verhängt werden. Einige Frauen seien offenbar bereits in Einzelhaft verlegt worden, was nach allen Erfahrungen ein Alarmzeichen sei. Von offizieller Seite wurde vergangene Woche berichtet, eine Gruppe von 13 „Ehebrecherinnen“ sei hingerichtet worden.

Während das Regime in den vergangenen Monaten die Gefängnisse leergeschossen hat und nun zum Jahrestag lauthals eine Amnestie verkündet, wies amnesty international in einer Presseerklärung darauf hin, daß diese Maßnahmen nur dann für politische Gefangene gelten solle, wenn sie in einer die Behörden zufriedenstellenden Weise ihre „Reue“ kundgetan haben. Berichten aus dem Iran zufolge sind diejenigen, die die Hinrichtungswelle überlebt haben und jüngst freigelassen wurden, fast ausnahmslos psychisch am Ende. Sie lebten in der ständigen Angst, wieder festgenommen und doch noch exekutiert zu werden - Fälle, die es in den letzten Monaten durchaus gab. Gelegentliche Kontrollanrufe der Überwachungsbeamten aus den Gefängnissen können dafür sorgen, daß die Erinnerung der Freigelassenen an Evin oder ein anderes Gefängnis nicht schwindet und zu einem regelrechten Psychoterror führt. (Siehe auch taz vom 3.2.)b.s.

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