: Entwicklungshelfer lieferten Waffen
■ Entwicklungshilfe-Schiff der Bundesregierung transportierte mehrfach Maschinengewehre und Munition in den Sudan / Deutsche Besatzung erfuhr angeblich erst im Dezember von der heißen Fracht
Berlin (ap/afp/taz) - Das deutsche Entwicklungshilfe-Schiff „Puntland II“ mit einem deutschen Kapitän und sechs Entwicklungshelfern an Bord hat mehrfach größere Mengen von Waffen in den vom Bürgerkrieg gezeichneten Sudan gebracht. Das 6,5 Millionen teure Schiff war der somalischen Regierung 1987 im Rahmen der Entwicklungshilfe vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) geschenkt worden. Das seitdem unter deutscher Führung fahrende Schiff mit sechs Entwicklungshelfern der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) sollte beim Aufbau der somalischen Handelsschiffahrt und -fischerei Hilfe leisten.
Nach bisherigen Informationen wurde das Schiff im Dezember '88 in Mogadischu mit 45 Containern beladen, die für den Sudan bestimmt waren und Mitte Dezember in Port Sudan ausgeladen wurden. Organisiert hatte den Transport die somalische Staatsreederei. Als Inhalt der Container waren landwirtschaftliche Geräte angegeben worden. Erst beim Löschen der heißen Fracht wollen die deutschen Besatzungsmitglieder gemerkt haben, daß sie tonnenweise Waffen und Munition in den Sudan gebracht hatten. Der Sprecher des BMZ räumte jetzt gegenüber dem 'Spiegel‘ ein, daß die „Puntland II“ nicht nur dieses eine Mal für Munitionstransporte benutzt worden ist. Das Ministerium habe jedoch erst am 11.Januar von der deutschen Botschaft in Mogadischu davon erfahren. Entwicklungshilfeminister Klein (CSU) habe daraufhin den vorläufigen Stopp des Projektes angeordnet und die deutsche Besatzung der „Puntland II“ und die sechs Mitarbeiter der GTZ in die BRD zurückbeordert.
Die Bundesregierung protestierte am Samstag bei der somalischen Regierung gegen diesen „Mißbrauch der Entwicklungshilfe“. In einer Demarche des Auswärtigen Amtes wird die somalische Regierung aufgefordert, „unverzüglich eine Erklärung“ darüber abzugeben, ob sie selbst von dem Waffengeschäft wußte. Von dieser Erklärung will Bonn abhängig machen, ob es eine weitere Entwicklungshilfe für Somalia im Schiffahrtsbereich geben wird.
Währenddessen hat der somalische Präsident Generalmajor Siad Barre in der Nacht zum Sonntag die Freilassung von 86 politischen Häftlingen angeordnet. Außerdem erklärte sich die Regierung bereit, daß Vertreter von Amnesty international den Vorwurf der Menschenrechtsverletzung gegenüber den Rebellen der somalischen Nationalbewegung und der Zivilbevölkerung im Norden des Landes überprüfen.
Ve.
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