Paraguay-betr.: "Dienstältester Diktator weg", taz vom 4.2.89

betr.: „Dienstältester Diktator weg“, taz vom 4.2.89

(...)Rodriguez tat sich schon in der Vergangenheit nicht als liberaler und westlichen Regierungsformen aufgeschlossener Mann hervor. Im Gegenteil: Der nahe Verwandte Stroessners gehört zu den „Betonköpfen“. Jedwede Veränderungen schienen ihm ebenso suspekt gewesen zu sein.

Ohne die Einwilligung der herrschenden und besitzenden Klasse von Paraguay kann jedenfalls Rodriguez den Putsch nicht gewagt und ausgeführt haben. Zu stark sind deren Interessen von einer politischen, wenngleich auch diktatorischen Stabilität im Lande abhängig. Und ohne das Okay der US-Amerikaner erst recht nicht. Denn deren Interessen an Paraguay zeigen sich darin, daß die USA dort die wohl größte Botschaft auf lateinamerikanischen Boden unterhalten.

Paraguay gilt gerade im deutschsprachigen Raum als Aufenthaltsort von „alten Kameraden“, sprich Alt- und Neo -Nazis. In den zurückliegenden Jahren kam es durch die ungeheueren Landspekulationen in die Schlagzeilen. Finanzträchtige Deutsche kauften auf Teufel komm raus Ländereien, legten ihr Geld in dubiosen Rizinus- oder Soja -Plantagen an.

Probleme unter den „braunen Deutschen“, die verstärkt in Paraguay leben, und die im Augenblick damit beschäftigt waren, den 100.Geburtstag des „Führers“ vorzubereiten, wird es kaum geben. Sie werden ihn wahrscheinlich am 20.April erneut hochleben lassen.

Werden sich jetzt die Gefängnisse leeren, die seit drei Jahrzehnten randvoll waren? Vor drei Jahren prangerte noch amnesty international das Regime an, das sogar Kinder und Greise verhaften ließ, die dann in den Gefängnissen gefoltert wurden. Und kein Protest seitens der USA.

Man darf gespannt sein, wie sich eine Demokratie dort entwickeln soll.

Karl Kirchner, Würzburg