Ein „smooth operator“ für Italiens Telefonindustrie

■ Grünes Licht für die Zusammenarbeit von Italtel und AT&T / Euro-Konkurrenten draußen

Berlin (taz) - Der bemühte Verzicht auf Arroganz hat sich gelohnt - die europäische Konkurrenz ist draußen. Heute will die italienische Regierung grünes Licht für den Beginn der Kooperationsverhandlungen zwischen dem US-Telefongiganten AT&T und dem Staatskonzern Italtel geben. Die endgültige Wahl von AT&T hatten am Dienstag bereits die Vorstände von Italtel und der staatlichen Bereichsholding Stet bekanntgegeben. Damit sind Siemens, die französische Alcatel und der schwedische Ericsson-Konzern aus dem Rennen.

Und AT&T ist nach jahrelangen Versuchen endlich im europäischen Telekommunikationsmarkt. Denn daß sich nach dieser Wahl noch größere Schwierigkeiten ergeben, wird kaum noch erwartet, nachdem sich der Italtel-Vorstand schon Ende 88 grundsätzlich AT&T als großen Bruder ausgesucht hat. Aus vier Gründen hat sich das Management des italienischen Telefonbauers für AT&T entschieden.

Zum einen soll Italtel, das bisher weniger als fünf Prozent seiner Produktion exportierte, mit Hilfe von AT&T Zugang zu anderen Märkten finden - vor allem in die USA. Profitieren möchte Italtel von der Übertragungstechnik von AT&T, und mit dem neuen Teilhaber sollen die riesigen Entwicklungskosten für ein Italtel-eigenes Vermittlungssystem geteilt werden. Außerdem hat AT&T garantiert, daß Italtel auch dann unabhängig bleiben soll, wenn der US-Konzern eine maßgebliche Beteiligung erwirbt.

Umgekehrt ist ausgerechnet das marode italienische Telefonsystem zum Anlaß für das starke Interesse AT&Ts an Italtel geworden. Denn die Regierung will bis 1992 rund 30 Milliarden Dollar investieren, um es auf EG-Niveau zu bringen - eine Torte, von dem sich AT&T ein dickes Stück abschneiden will. Vor allem aber ist es für den US-Konzern, der ein Viertel des Weltmarktes für Telekommunikation kontrolliert, der langersehnte Fuß in der EG-Tür, bevor sie sich mit dem Binnenmarkt vielleicht schließt. Die bisherigen Anläufe scheiterten fast alle, unter anderem 1987 in Frankreich der Versuch, den Telefonbauer CGCT zu kaufen (er ging an Ericsson) oder letztes Jahr die Teilnahme am glücklosen Bieterkonsortium für die britische General Electric.

Hinzu kam, daß die US-Manager 1985, als sie schon einmal Gespräche mit der italienischen Regierung führten, so arrogant aufgetreten waren, daß die Verhandlungen unverzüglich abgebrochen wurden. Diesmal waren sie schlauer; eine Schlüsselstellung nahm dabei die US-Botschaft in Rom ein, deren Angestellte teilweise hauptamtlich bei Parlamentariern, Regierungsmitgliedern und Managern antichambrierten. Schließlich erwies sich auch die Einrichtung eines Büros mit zwanzig italienischen oder italienischstämmigen Angestellten als sinnvoll, und einen mächtigen Fürsprecher hatte AT&T auch noch: den Großindustriellen De Benedetti, der auch Olivetti-Chef ist. An Olivetti ist AT&T mit 21 Prozent beteiligt.

Dietmar Bartz