Gehwegparker ruinieren Straßenbäume

■ Bundesanstalt: Seitenstreifen müssen wieder Bäumen vorbehalten sein / Zum Schutz der Wurzeln könnten Versorgungsleitungen unter den Fahrbahnen verlegt werden / Gasleitungslecks Ursache von Baumschäden

Ein umfassendes und radikales Handlungskonzept zur Rettung der rund 240.000 Straßenbäume in der Stadt hat die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft für die Berliner Umweltverwaltung erarbeitet. An erster Stelle steht dabei die Forderung, daß die sogenannten Pflanzenstreifen der Gehwege völlig von Pflasterungen, Beton oder Asphaltbelägen befreit werden, damit die Baumwurzeln in Verbindung mit einem Bodenaustausch wieder Sauerstoff und Wasser bekommen können.

Wegen der schädlichen Verdichtung der Böden dürfe an den Straßenrändern zwischen den Bäumen das überhandnehmende Gehwegparken nirgendwo mehr gestattet sein, so der wissenschaftliche Direktor der Bundesanstalt, Dr.Hans -Otfried Leh. Auf jeden Fall sei die Empfehlung des Senats, daß die sogenannten „Baumscheiben“ nach Möglichkeit mindestens den Umfang von vier Quadratmetern haben sollten, „weit überholt“. Entsprechend dem Hamburger Vorbild schlage man mindestens neun Quadratmeter vor, bevorzuge aber komplett entsiegelte Pflanzenstreifen.

Dr.Leh zufolge forderte die Bundesanstalt ergänzend zu einer Untersuchung über die Ursachen von Baumschäden weiter, daß Baufirmen schon in der Ausschreibung von Tiefbauarbeiten verpflichtet werden, die vorgeschriebenen Maßnahmenn zum Schutz der Bäume einzuhalten. Dazu zählten bei Aufgrabungen etwa „Wurzelschutzvorhänge“.

Obschon in dem Handlungskatalog an die Umweltverwaltung nicht aufgeführt, bezeichnete der Wissenchaftler daneben ein altes Begehren der Berliner Baumschutzgemeinschaft als „vernünftige Sache“. Wie in Moskau praktiziert, will der Verein, daß in Berlin neue unterirdische Versorgungsleitungen in einem Schacht direkt unter den Autofahrbahnen verlegt werden.

Lecks an Gasleitungen zählen laut der Untersuchung der Bundesanstalt überraschenderweise zu den gravierendsten Ursachen von Baumschäden in Berlin. Dabei sterben die Zweige der betroffenen Bäume von den Spitzen her ab.

Nach der Darstellung Dr.Lehs vermied es die Bundesanstalt indes, in ihrer Untersuchung, eine Klassifizierung der auf die Straßenbäume einwirkenden zahlreichen Schadfaktoren vorzunehmen, „da alles irgendwie miteinander zusammenhängt“. Generell habe man an den Straßenrändern einen durch zu hohe ph-Werte hervorgerufenen, Nährstoffmangel festgestellt. Ob nicht auch ein Spurenelementemangel eine Rolle spiele, müsse dahinstehen. Hinsichtlich der Schwermetallbelastung, die ebenfalls nicht registriert worden sei, gebe es immerhin „gewisse Hinweise“, daß sie über dem für Gehölz zuträglichen liege.

Thomas Knauf