Kooperiert Imhausen mit dem BKA?

Firmensprecher behauptet: Im Auftrag des Bundeskriminalamts an Kunden in Südamerika geliefert / Staatsanwalt dementiert / Festnahmen bei Imhausen / Belegschaft fordert Rücktritt der Chefs  ■  Aus Lahr Thomas Scheuer

Die dubiosen Geschäfte der Chemie-Firma Imhausen, die durch ihre Lieferungen für die angebliche Giftgasfabrik im libyschen Rabta weltweit in die Schlagzeilen geriet, erstrecken sich möglicherweise auch auf andere Bereiche: Mitarbeiter des Unternehmens im südbadischen Lahr haben offenbar im internationalen Drogen-Busineß mitgemischt - in Kooperation mit dem Bundeskriminalamt, behauptet die Firma. Das aber bestreitet ein Staatsanwalt.

Wie erst am späten Freitagnachmittag bekannt wurde, hatten Beamte des Wiesbadener Bundeskriminalamtes (BKA) schon am Donnerstag drei Personen, darunter zwei leitende Imhausen -Angestellte, festgenommen. Sie stehen unter dem Verdacht, Pharma-Zwischenprodukte ins Ausland verschoben zu haben, deren Herstellung und Vertrieb hierzulande Beschränkungen nach dem Betäubungsmittegesetz unterliegen. Am Freitag abend berichtete ein Firmensprecher auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz, den Anstoß zu den Festnahmen habe die Firma selbst indirekt mit einem Tip geliefert. Erst nach der Lieferung der strittigen Substanzen im Herbst 1988, so die Imhausen-Version, habe man in Lahr entdeckt, daß der verschobene Stoff möglicherweise unter das Betäubungsmittelgesetz falle. Daraufhin habe man sofort und vollständig das BKA in Wiesbaden informiert. Zwischen dem BKA und der Verkaufsabteilung von Imhausen, so der Firmensprecher weiter, hätten schon vorher, nämlich seit Anfang 1988, umfangreiche Kontakte bestanden.

Dabei sei es um Fragen der möglichen Produktion und Lieferung von Substanzen für die Drogenherstellung gegangen. „Im Zusammenhang mit diesen Kontakten wurde auch nach Rücksprache mit dem BKA ein dem BKA verdächtiger Kunde beliefert“, heißt es in der Pressemitteilung der Firma. Ziel der behaupteten Imhausen-BKA-Kooperation war danach die Belieferung eines Kunden in Südamerika. An den gleichen Kunden will Imhausen im Herbst 1988 eine zweite Lieferung geschickt haben. Inhalt: ein anderer Stoff, der nach Papieren des Gesundheitsministeriums in Guatemala zur Produktion des Medikaments „Novatrim“ bestimmt war.

Daß dieses Medikament in der BRD dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt, will man in Lahr erst im nachhinein bemerkt und dann eben sofort das BKA verständigt haben. Ganz unverständlich finden es daher die Imhausen-Leute, daß BKA -Beamte anläßlich eines verabredeten Besuches in Lahr, Fortsetzung auf Seite 2

zu dem ursprünglich auch der ominöse Kunde aus Guatemala erwartet worden war, gleich zwei leitende Imhausen -Mitarbeiter festsetzten. Eine dritte Person, die nicht der Firma Imhausen angehört, wurde später verhaftet. Staatsanwaltschaft und BKA hüllten sich am Wochenende unter Hinweis auf eine laufende, internationale Fahndung in einvernehmliches Schweigen über die Hintergründe der Operation. Ein Offenburger Staatsanwalt dementierte jedoch, daß es je eine förmliche Zusammenarbeit zwischen BKA und der Skandalfirma gegeben habe - geschweige denn habe diese

im Auftrag des BKA gehandelt, wie das vom Imhausen-Sprecher behauptet worden war. Auch sei das BKA nicht auf einen Tip seitens der Firma tätig geworden, sondern von sich aus auf diese Fährte gestoßen und ermittle seit Mitte Januar.

So blieb vorerst offen, ob es tatsächlich eine Kungelei zwischen der obersten Polizeibehörde und der Lahrer Schieber -Firma gegeben hat, oder ob es sich dabei nur um eine Schutzbehauptung der Firma handelt. Zur Libyen-Affäre bestehen offenbar keine Querverbindungen. Allerdings war die Wohnung eines der Verhafteten auch im Zuge der Libyen -Ermittlungen am 25.Januar durchsucht worden.

Derweil gerät Firmenchef Jürgen Hippenstiel-Imhausen - der wurde übrigens bisher weder als Zeuge noch als Beschuldigter vernommen - auch aus den Reihen der Beleg

schaft immer stärker unter Beschuß: Der Betriebsrat fordert seinen Rücktritt und verlangt ultimativ ein Gespräch für den heutigen Montag. Im Interesse der 170 Arbeitsplätze bei Imhausen hatten bereits letzte Woche die Chemie-Gewerkschaft und der Lahrer CDU-Bundestagsabgeordnete Rainer Haungs einen Wechsel der Geschäftsleitung gefordert. Angeblich sollen mehrere Kunden ihre Geschäftsbeziehungen zu Imhausen abgebrochen bzw. Aufträge storniert haben. Das Bundesforschungsministerium sperrte Fördermittel für drei millionenschwere Forschungsprojekte des Unternehmens. Der zweite Imhausen-Geschäftsführer, Renner, ist offenbar mittlerweile außer Lebensgefahr. Der Chemiker war am Donnerstag nach einem Selbstmordversuch bewußtlos im Rheinauewald gefunden worden.