Neuer Verdacht gegen Birkel-Nudeln

■ Der schwäbische Nudelriese erhielt umfangreiche Lieferungen von der skandalumwitterten Eierfirma „van Loon“ aus Holland / Neue Papiere aufgetaucht / Wende im Schadensersatzprozeß?

Stuttgart (dpa/taz) - In den Niederlanden sind bislang verschwundene Lieferscheine des dubiosen niederländischen Eierexporteurs van Loon aufgetaucht. Van Loon gilt als der Hauptlieferant verunreinigter Eimasse, die vor vier Jahren einen Lebensmittelskandal in der Bundesrepublik ausgelöst hatte. Die Papiere sollen Lieferungen von Flüssigei an den schwäbischen Nudelmulti Birkel vom Januar 1983 bis Mai 1984 bestätigen. Die beschlagnahmten Unterlagen könnten dem derzeitigen Birkel-Prozeß in Stuttgart neue Dynamik verleihen.

Nach Angaben der niederländischen Behörden soll Birkel im fraglichen Zeitraum mehr als 1.000 Tonnen pasteurisiertes Flüssigei von der Firma van Loon bezogen haben. Die Papiere werden in den nächsten Tagen von Staatsanwaltschaft und Wirtschaftskontrolldienst in Stuttgart überprüft. Ein Sprecher des Regierungspräsidiums, das von Birkel auf 43,2 Millionen Mark Schadensersatz verklagt wird, sagte am Montag, die gefundenen Papiere „passen genau in das Bild, das wir uns von den Verhältnissen bei Birkel gemacht haben“. Deshalb habe man auch die Verbraucher am 15. August 1985 vor verunreinigten Teigwaren des Hauses Birkel gewarnt.

In dem Birkel-Prozeß hatte der Nudelhersteller beteuert, nur einwandfreie Rohstoffe vernudelt zu haben. Außerdem sei in den beanstandeten Produkten kein Flüssig-, sondern Trockenei verarbeitet worden. Am Montag bestätigte die Nudelfirma die Lieferungen von van Loon. Der habe allerdings nur saubere Ware an Birkel verkauft, hieß es. Alle Lieferscheine seien vorhanden und auch der Staatsanwaltschaft Stuttgart übergeben worden.

Jetzt wird mit Spannung die Bewertung der neuen Papiere durch Staatsanwaltschaft und Gericht abgewartet. Gestern leitete die Staatsanwaltschaft gegen Birkel ein Ermittlungsverfahren wegen des „Anfangsverdachts“ auf „versuchten Prozeßbetrug“ ein - wegen „wahrheitswidrigen Tatsachenvorbringens“ im laufenden Pozeß. Bisher war das Gericht eher dem Nudelhersteller zugeneigt. Es hatte einen Vergleich in Höhe von acht Millionen Mark vorgeschlagen, den das Regierungspräsidium an den Nudelhersteller bezahlen soll.

-man