Dusselige Kinderängste

■ Moks-Theater zeigt ein neues Stück für Kinder ab sechs und Erwachsene „Dussel und Schussel“ von Ad de Bont oder: die Angst vor dem eigenen Schatten

Wer kennt das nicht: Man geht durch eine nächtlich leere Straße, nichts ist zu hören, nur die eigenen Schritte hallen. Es wird einem unheimlich zumute, man geht schneller, läuft vor sich selbst davon.

Reißaus nehmen auch Schussel und Dussel. Sie haben Angst, Angst vor den eigenen Fußspuren, die ihnen hartnäckig auf den Fersen sind, Angst vor dem eingenen Schatten, der sich nicht abschütteln läßt. Die Angst sitzt ihnen in den Knochen. Man sieht es. Sie schlottern, schleichen auf den Zehenspitzen, flüchten, geraten in einen Raum, in dem sie sich sicher wähnen: in ein Klassenzimmer, ausgerechnet. Mucksmäuschenstill sitzen die Schüler, nicht vor Angst, vor Spannung. Die sich zwischendurch in herzhaftem Lachen entlädt. Zu komisch auch, wie Dussel und

Schussel vor Angst vergehen.

Dussel und Schussel sind Freunde. Dussel (Julie Georgis) ist klein und eine kleiner Kobold, den es freut, seinem Freund Schussel Angst zu machen, auch wenn er sich dann gleich mitfürchtet. Schussel (Britta Bayer) ist lang und schlacksig und ziemlich schreckhaft, so daß er auf die Späße von Dussel auch immer hereinfällt und gleich zu beben anfängt. Das aber steckt Dussel wieder an und so fürchten sie sich beide, klammern sich fest aneinander und an den gemeinsamen, löchrigen Hut, hüpfen flugs auf die Arme des anderen oder zusammen auf eine Schulbank, in Sicherheit vor den kriechenden Fußspuren, springen hinunter, dem Schatten davon. Sie versuchen findig und trickreich, sich von den unheimlichen Weggenossen zu befreien, mit wüstem

Schimpfen, mit magischem Beschwören, mit lautem Pfeifen im Walde. Aber kaum glauben sie sich in Sicherheit, ist sie wieder da, die Angst. Bis sie den Mut finden, nicht die Fußspuren, sondern die Angst zu bekämpfen.

Der holländische Autor des Stücks, Ad de Bont, war Grundschullehrer, Theaterpädagoge und Schauspieler. Seit 1982 leitet er das Kindertheater „Wederzijds“ in Amsterdam.

Dussel und Schussel ist ein sehr suggestives Spiel. Die beiden sind nicht, was ihre Namen nahelegen könnten, Clowns, die so tun, als hätten sie Angst. Sie sind zwei Kinder, die sich fürchten. Und die zuschauenden Kinder erkennen ihre eigenen Ängste wieder, erzählen davon, hinterher. Ängste nicht nur vor Gewittern, dem eigenen Schatten, Gespenstern. „Panische Angst“ haben

sie, sagen einige von ihnen, vor Atombomben, Krieg, vor Gewalt, die mann ihnen antun könnte, wenn sie allein auf der Straße sind. Ängste, bei denen es leider nicht genügt, sich ein Herz zu fassen und wie Dussel und Schussel über den eigenen Schatten zu springen.

Christine Spiess

Öffentlichen Aufführungen von „Dussel und Schussel“ am 11.3. Bürgermeister Schmidt-Schule, Contrescarpe 24-26 um 16.00 Uhr

dann erst wieder am 8. und 22. April, 16 Uhr im Schulgebäude Brokstraße, Sielwall 86