Am-nie-o!-zentese

■ „Alternativen im Umgang mit pränataler Diagnostik und Unfruchtbarkeit“ / Viele Facetten in Diskussion um Ultraschall und Amniozentese

Monika Silberberg, Maren Grimm und Monika Haas sind Studentinnen, die vorher Hebammen waren, bzw. es noch sind. Bis zum 20. Jhdt., skizzierten sie die Entwicklung pränataler Diagnostik, konnten die Ärzte nicht mehr, als mit dem Ohr Herztöne abhören. Dann kam die Amnioskopie (Fruchtwasserspiegelung), 1964 gleichzeitig der zentrale Herz-Ton-Wehenschreiber und die Amniozentese, (Fruchtwasseruntersuchung), 1980 die Chorionbiopsie, die gentechnologische Bestimmung von Zellen, die ab 7. Schwangerschaftswoche der embryoumhüllenden Membran entnommen werden.

Kritik der Hebammen und die Diskussion zielten auf Ultraschalluntersuchungen und die Amniozentese. Ultraschalluntersuchungen (zum Feststellen von Schwangerschaft, Mißbildungen

und Sitz der Placenta), kassenmäßig zweimal „vorgesehen“ aber nicht vorgeschrieben, würden in der BRD so inflationär und unbegründet angewandt wie in keinem andern Land. Als Nachteile nannten die Hebammen u.a. die Unklarheit über schädliche Wirkungen, die Entfremdung der Frau von Körper, Embryo und eigener, fühlender Wahrnehmung, Anwachsen des ärztlichen Normierungswahns, der immer häufiger Kinder „zu klein“ oder „zu groß“ findet, die es nicht sind, sowie die künstliche Vermehrung von 'Risikoschwangerschaften‘ auf diesem Wege.

Länger noch war die Liste der Einwände gegen die gentechnologische Untersuchung der dem Fruchtwasser entnommenen Chromosomen, Amniozentese, ab 15. Schwangerschaftswoche: Die Ergebnisse seien nicht sicher,

d.h. ein Embryo kann trotz negativem Befund z.B. von Down -Syndrom („Mongoloismus“) oder Bluterkrankheit befallen sein. Eine Frau kann sich vor dem Test auf eine Schwangerschaft nicht einlassen, weil die ev. doch noch beendet wird und dies durch eine problematisch eingeleitete Geburt. Die Amniozentese erfaßt nur einen kleinen Teil möglicher Behinderungen und birgt außerdem Risiko von Fehlgeburten.

Erstaunlich offen und kontrovers die Diskussion. Die Verantwortung für das Leben mit einem behinderten Kind müsse von den damit überforderten Frauen auf die Gesellschaft zurückverlagert werden, hatten die Hebammen verlangt. Ganz gefährlich fand das eine Frau, weil man damit, wie die konservativen § 218-GegnerInnen den Frauen die Entscheidung zum (in diesem Fall be

hinderten) Kind durch materielle Erleichterung versüßen wolle. Da liege sie aber nicht. DieselbeFrau setzte gegen das Argument, daß die individuellen Angste vor behinderten Kindern Produkte der technisierten Expertenmedizin und deshalb zu hinterfragen seien: „Jede hat ein Recht auf persönliche Angstvermeidungsstrategien, und die Gesellschaft geht mich dabei erstmal gar nichts an.“ Eine Frau, die selber eine Amniozentese machen lassen hatte, formulierte einen für sie unlösbaren Konflikt zwischen der theoretischen Einsicht, daß Amniozentese die Gen-Technik vorantreibe, was sie nicht wolle, und einer praktischen Zwangslage, die sich ergebe aus: Beruf wichtiger, Kinder später, Behinderungen häufiger, Ehen wackliger und allein-damit-Dastehen wahrscheinlicher.

Uta Stolle