: Öko-logisch kochen und metzgern
■ Modellprojekt für 2.000 BerufsschülerInnen am Schulzentrum Rübekamp / Es geht nicht nur um „Randgruppen“ und nicht nur um die Wurst / Mit den Innungen gegen Vorurteile im täglichen Eß-Genuß
Gemüsesuppe mit Grünkern, Schweinefilet (Öko) mit Basilikum -Sauce, Sojasprossen, Karotten, Lauch, Gratin in der Zucchini mit Sesam - es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis Speisekarten in gewöhnlichen Lokalen so aussehen und die Gäste sich darauf verlassen können, daß alles aus biologischem Anbau und selbst Heringssalat nicht mit Majonaise angemacht ist. Aber zumindest in Bremen soll die Aus
bildung der Köchinnen, Bäcker, der KonditorInnen und der „Fachkräfte für Lebensmitteltechnik“ mit Kenntnissen angereichert werden, die bisher nur im Öko-Laden vermutet werden. Dr. Hohl, „einziger promovierter Fleischer Deutschlands“ - wie Landesschulrat Hans-Georg Mews ihn vorstellte - leitet ein entsprechendes Modellprojekt am Sekundarzentrum Rübekamp. 2.000 BerufsschülerInnen sollen
dort von der „Entwicklung und Erprobung ökologisch ausgerichteter Lernangebote für nahrungsgewerbliche Bildungsgänge“ profitieren. In dieser Woche gaben schon Mitglieder eines Umschulungs-Kurses am Rübekamp einer Schar von JorunalistInnen und dem Landesschulrat Kostproben von der Qualität ihrer Ausbildung. Leider stehen die Köstlichkeiten aus den drei Lehrküchen des Rübekamp aus Gründen des Konkurenzschutzes für FeinschmeckerInnen aus dem Stadtteil nicht zur Verfügung.
„Ökologie ist ein Hoffnungsbegriff“, begründete Mews das bremische Engagement. Immerhin kommen zu den 730.000 Mark Landesmitteln ebensoviele aus Bonn. Das Projekt will bei seinen Unterrichtseinheiten auch soziale Gesichtspunkten neben den ökologischen und lebensmittelphysiologischen zur Geltung bringen, die Problematik des Futtermittel-Imports aus der Dritten Welt für industrielle Fleisch-Produktion hierzulande soll Thema im Lehrplan werden. Gleichzeitig soll das Projekt aber in Kontakt mit den Innungen und den Ausbildungsbetrieben des Nahrungsmittel-Gewerbes fest auf dem Boden realistischer Umsetzungsmöglichkeiten bleiben kurz: Es sollen nicht nur „Randgruppen“ bedient werden.
Daß es dabei auch um eingenistete Vorurteile der VerbraucherInnen geht, machte der Projektleiter Hohl anschaulich: Die Wurst mit dem problematischen Pökelsalz sieht schön fleischig rot
aus, die mit einfachem Salz haltbar gemachte Wurst ist eher grau. Das Gebäck ohne Weißmehl hat weniger Klebegehalt, Blätterteig kann nur ungesund sein. Und der Vollkornreis muß aus biologischem Anbau kommen, sonst könnte die äußere Schicht mehr Schadstoffe enthalten... Dies alles werden in einigen Jahren die in Bremen ausgebildeten Fachkräfte im Nahrungsgewerbe wissen.
Wichtig, so der Landesschul
rat, ist auch das Vertrauen in die Nahrung. Bislang ist das „Bio“ nicht gesetzlich geschützt, nur 2% der bundesrepublikanischen Flächen sind in biologischem Anbau, 5 -6% der Produkte werden als „biologisch“ verkauft. Wenn aber der Genuß beim Essen, warf Mews ein, durch verängstigte Reflexion gestört wird, hat das „schädliche psychosomatischs Wirkungen“ ungeahnter Tragweite.
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen