Islamische Außenministerkonferenz verurteilt Rushdie und fordert Boykott

Riad/Berlin (afp/dpa/taz) - Die Außenminister der Islamischen Konferenz Organisation (ICO) haben im Schlußkommunique ihres viertägigen Treffens Einigkeit demonstriert. Trotz der Kontroversen zwischen Iran und Saudi -Arabien ist von der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern die Rede.

Die Ergebnisse in den umstrittensten Themenbereichen lassen sich vordergründig durchaus im Sinne einer doppelten Niederlage der Islamischen Republik Iran interpretieren. Die versammelten Politiker stellten sich nicht hinter den Mordaufruf des iranischen Revolutionsführers Khomeini gegen den Schriftsteller Salman Rushdie. Und Gulbuddin Hekmatyar, Außenminister der afghanischen Übergangsregierung, wurde der vakante Sitz seines Landes zugesprochen.

Doch Iran hat es geschafft, die ICO zu einer offiziellen politischen Stellungnahme in der Rushdie-Affäre zu drängen. In der entsprechenden Resolution wird der namentlich nicht genannte Autor als „Abtrünniger“ des Islam und sein Buch Die Satanischen Verse als „blasphemisches Werk“ verurteilt. Verlage und Buchhandlungen werden aufgefordert, das Werk aus dem Verkehr zu ziehen. Der Leiter der iranischen Delegation, Mohammed Ali Tasghiri, interpretierte die Resolution so: „Die islamische Nation verurteilt die Satanischen Verse und betrachtet den Autor als Apostat, der entsprechend der islamischen Gesetzgebung behandelt werden muß“.

In der Resolution zu Afghanistan wurde eine Formulierung gewählt, die der Kritik Irans und Pakistans entgegenkam. Beide hatten moniert, daß die schiitischen Mudschahedin bislang nicht in der Übergangsregierung vertreten seien. Das Problem wurde sibyllinisch gelöst: Afghanistan soll künftig durch den Widerstand als Ganzem und nicht nur durch die Übergangsregierung repräsentiert werden.

Der allseitigen Kompromißbereitschaft liegen mehrere Ursachen zugrunde. In der Rushdie-Frage ging es Saudi -Arabien und anderen Staaten darum, eine weitere Eskalation zu verhindern, auch wenn einigen Regierungen die gewählten Formulierungen zu weitgehend sind. In Afghanistan galt es zu verhindern, daß sich die Spannungen zwischen schiitischen und sunnitischen Mudschaheddin verschärfen. Iran ging es schließlich darum, sich angesichts seines Konfrontationskurses gegenüber dem Westen eine gewisse Rückendeckung im islamischen Lager zu verschaffen.