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Transistorradios Gift für Hubschrauber

Studien des Generalinspekteurs im Pentagon belegen: US-amerikanische Militärhubschrauber für elektromagnetische Störungen anfällig / Transistoren, Funk- und Fernsehantennen als Absturzursache  ■  Von Michael Blum

Frankfurt (taz) - Die Flugkontrollelektronik der in der Bundesrepublik stationierten US-amerikanischen Militärhubschrauber vom Typ „UH-60 A Black Hawk“ und „AH-64 A Apache“ ist für elektronische Störungen, wie sie unter anderem als elektromagnetische Felder um Radio- und Funksender be stehen, äußerst anfällig. Diese Störungen können zu Abstürzen führen. Dies geht aus einem Bericht des Pentagon-General inspekteurs hervor.

In der Bundesrepublik sind die Hubschrauber dennoch in unmittelbarer Nähe von Funk- und Sendeanlagen stationiert. Die in Wiesbaden-Erbenheim stationierten UH-60 und AH-64 geraten bei ihren „Übungsflügen“ zwangsläufig in die unmittelbare Nähe des Senders Großer Feldberg des Hessischen Rundfunks im Taunus. Der Flugplatz Erlensee-Langendiebach im Main-Kinzig-Kreis, wo erst jüngst AH-64 stationiert wurden, ist von elektromagnetischen Feldern nahezu umzingelt. Direkt nebenan unterhält das Technische Hilfswerk einen Sender, die Sendezentrale des Deutschen Roten Kreuzes ist nur drei Kilometer entfernt. Die Bundespost betreibt ein Fernmeldehochhaus in zwei Kilometern Entfernung. Hinzu kommen weitere Sendeverstärker im Umkreis. Der Hubschrauberhangar im osthessischen Büdingen ist von Hochspannungstrassen umgrenzt; im Frankfurter Stadtteil Bonames sind UH-60 nur drei Kilometer vom Ginnheimer Sendeturm entfernt. Hinzu kommen unzählige Kurzwellen -Amateurfunkanlagen.

In den letzten Jahren sind fünf Hubschrauber des Typs Black Hawk aus scheinbar rätselhaften Ursachen abgestürzt. Obwohl bisher formell nicht bestätigt, halten die mit den Nachforschungen Beauftragten in jedem der Fälle elektromagnetische Störungen für die Absturzursache. Nachdem 1987 ein Helikopter des gleichen Typs in der Nähe einer Hochleistungsantenne im US-Bundesstaat Alabama abstürzte, rief die Army alle Black Hawks zu Untersuchungen zurück. Nach Informationen von Robert C. Aldridge, ehemals leitender Ingenieur beim Rüstungskonzern Lockheed, wurden bei den Inspektionen erhebliche Mängel bei den Flugkontrollanlagen festgestellt. Der heute in der Friedensbewegung engagierte Aldridge kommt in einem Beitrag für das osthessische Regionalmagazin 'Neue Hanauer Zeitung‘ (NHZ) zum Ergebnis, die Unfallursachen seien nicht beseitigt. Im Gegenteil: Solche Unfälle könnten sich jederzeit wiederholen. Als Sicherheitsmaßnahme hätten die Piloten lediglich den „geheimen Befehl erhalten, sieben Meilen Abstand (etwa zwölf Kilometer, d.Red.) zu starken europäischen Radiosendern“ zu halten. Den Besatzungen wurde es verboten, „elektromagnetische Geräte wie Taschenrechner und Transistorradios“ während des Fluges zu benutzen.

Untermauert werden Aldridges Darstellungen durch einen Bericht des Generalinspekteurs im Pentagon vom Juni 1988. Darin wird bestätigt, daß die Black Hawks für elektronische Störungen außerordentlich anfällig sind. Die Armee vernachlässigte dieses Problem und habe kein Programm zur Bekämpfung dieser Störungen entwickelt (aus: 'Review of the Army‘ UH-60 Electromagnetic Environment Issues, Report 88-151, pre- pared by the inspector general, Department of Defense).

In einem weiteren Bericht des Generalinspekteurs über den Angriffs-helikopter Apache werden auch für diesen Hubschrauber erhebliche Anfälligkeiten für elektromagnetische Störungen bestätigt, wenn sie im Ausstrahlungsbereich von schwachen Sendern wie kommerzieller Kurzwelle, Television und Flugplatzradar fliegen (Report 88-148 des „inspector general“ über den AH-64 vom 20.Juni 1988).

Aldridge, der auch den bislang ungeklärten Absturz von Remscheid auf elektromagnetische Störungen in der Flugkontrollelektronik zurückführt, in der 'NHZ‘: „Zahlreiche und nicht identifizierte Quellen elektromagnetischer Störungen können völlig unerwartete Flugzeugabstürze verursachen. Und sie haben sie verursacht. (...) Wenn diese Gefahren der Öffentlichkeit bekannt werden, wird der Widerstand gegen die Hubschraubereinsätze in Westdeutschland mit Sicherheit neue Höhepunkte erreichen.“

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