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Vom Nachttisch geräumt: WÖRLITZ

Eine der schönsten Gartenanlagen der europäischen Aufklärung: der Englische Garten zu Wörlitz. Entstanden Ende des 18. Jahrhunderts, der Versuch einer realisierten Utopie. Dem Garten angeschlossen war eine nach den damals neuesten Erkenntnissen der Agrarwissenschaften entwickelte Landwirtschaft. Dreihundert Quadratkilometer groß, ein fürstliches Reich der Freiheit. Nein, das nun gerade nicht. Herr und Knecht wurden nicht abgeschafft. Aber die Knechte sollten immerhin anständig leben können, dazu dienten kleine, halbwegs komfortable Häuschen. Der soziale Wohnungsbau einer patriarchalischen Zeit. Die Herrschaften dachten, wenn sie an sich dachten, großräumiger: zu Pferde gewissermassen. Der Park bot Ansichten. Möglichst hinter jeder Biegung, jedem Baum eine neue. Im Gestrüpp verborgene, kunstvoll ruinierte Statuen, dann wieder große Totalen, die einen von der einen Seite des künstlich angelegten Sees hinüberblicken ließen zu einem zierlichen Nymphaeum, falsche Walpole-Gotik, ein chinesisches Teehaus, verborgene Höhlen, zu denen freimaurerische Läuterungspfade führten, sorgfältig ausgesuchte Pflanzen und Tiere, dazwischen die Elegants mit ihren Schäferspielen. Das war einmal. Heute tummeln sich hier Touristen. Die Anlage wurde restauriert, ist eine der Attraktionen der DDR. Wer sich auf seinen Besuch vorbereiten will oder sich für die Fleischwerdung der Utopie interessiert, dem kann geholfen werden. August Rodes Beschreibung der alten Anlage aus dem Jahr 1798 wurde wieder vorgelegt, dazu ein großer Beitrag über „Geschichte und Gegenwart“ der Wörlitzer Anlage von Ludwig Trauzettel. Im Querformat mit zahlreichen s/w Abbildungen. Ein schöner Band.

Der englische Garten zu Wörlitz mit Texten von August Rode nach der Ausgabe von 1798, Hartmut Ross und Ludwig Trauzettel, sowie 26 zeitgenössischen Ansichten und 126 Fotografien von Manfred Paul, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin (DDR), 62 Mark

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