Jazz seicht-modisch-weiblich-klassisch

■ Eine Übersicht der Jazzkonzerte im wunderschönen Wonnemonat April

Es ist schon merkwürdig, daß gerade einen Monat nachdem mit dem Dix der einzige Jazzclub in Bremen mangels Publikum schließen mußte, die Veranstalter hoffen, mit einer ganzen Reihe von Jazzkonzerten auch größere Säle wie die Schauburg, das Moderne oder die Glocke zu füllen. Dabei ist die Bandbreite beträchtlich: wer bei Lionel Hampton „and his Giants of Jazz“ am 29. in der Glocke zum klassischen Bigbandsound der guten alten Zeit mitswingt, würde es wahrscheinlich am 1. im Modernes bei Billy Cobham keine fünf Minuten aushalten. Nach seinem letzten Konzert in Bremen muß man auch die Jazzrockfans warnen, die sich noch an seine glorreichen Zeiten als tollster Schlagzeuger aller Klassen erinnern. Vor gut einem Jahr war Cobham so in seine Spieltechnik und die Midianlage verliebt, daß kaum Musik dabei herauskam.

Bei Lee Ritenour am 2. in der Schauburg ist Westcoast -Autoradiomusik zu erwarten. Der in L.A. vielbeschäftigte Studiomusiker reiht sich bei seinen Soloproduktionen in die lange Reihe der US-Musiker ein, die von brasilianischen Musikern die Ideen klauen, sie auf easy listening zurechtstutzen und gut verkaufen. Dennoch könnte das Konzert interessant werden, da Ritenour einer der perfekteren Jazzgitarristen bleibt, und immerhin der raue und sehr schwarze Ernie Watts in seiner Gruppe das Saxophon bläst.

Mit Mike Stern kommt ein weiterer Gitarrenstar am 9. ins Modernes. Auf seiner Nordeuropa-Tour läßt er sich zusammen mit Saxophonisten Bob Berg von skandinavischen Sidemen begleiten. Dies ist das einzige Konzert der Gruppe in Deutschland und wohl auch das Spannendste des Monats.

Nachdem ein paar clevere Discjockeys in Londoner Discos den Kids tanzbare Jazzstücke auflegten, weil die Acid und House -musik nun gar zu monoton klang, ist Jazz in England wieder einmal in Mode gekommen. Jazzmusiker erhalten unter dem Etikett Acidjazz plötzlich Plattenverträge und solange der Rhythmus tanzbar bleibt, dürfen sie so schräg, frei und sogar gut spielen, wie sie nur wollen. Das James Taylor Quartet ist das Flaggschiff dieser Mode und spielt am 11. im passenden Ambiente des Römer, in dem zuvor seit Jahren der Jazz verpönt war.

Im Programm des Gottseidank doch noch existierenden DACAPO stehen in diesem Monat an zwei Abenden Musikerinnen im Mittelpunkt: Die Sängerin Lauren Newton spielt am 16. mit ihrem Trio, und dazu steht im Programm: „Sprech-Gesangspiele werden in konsequenter Weise zu Klangspielen, die im virtuosen Umgang mit reduziertem Material musikalische Strukturen transparent erscheinen lassen.“ Hoffentlich hört sich die Musik besser an als dieser Text. Die portugiesische Sängerin Maria Joao gab schon 86 im Duo mit der japanischen Pianistin Aki Takase in Bremen ein sehr schönes Konzert, jetzt ist sie am 21. im BGH Weserterassen zu hören.

Alle Jahre wieder kommt die Saxophonistin Barbara Thompson mit Gruppe und Ehemann Jon Hiseman am Schlagzeug, und jedesmal wieder gibt es solides, aber langweiliges Jazzrockhandwerk - diesmal am 27. im Modernes.

Willy Taub