„Kinners, boxt Euch doch endlich“

■ Nach der Box-Bundesliga zwischen dem Boxring Berlin und Bayer Leverkusen stehen die Mauerstädter auf Rang drei der Tabelle / Endstand nach den Fights: 16 zu 11 für Berlin

Über 700 BesucherInnen waren am Samstag in der Spandauer Bruno-Gehrke-Halle erschienen, um die Bundesliga-Begegnung zwischen dem Boxring Berlin und Bayer Leverkusen zu sehen. Dabei stellten TürkInnen und ältere Männer in karierten Hosen und box-nostalgischen Plattnasen die größere Gruppe. Gleich die ersten drei Siege in den Gewichtsklassen Bantam, Feder und Halb-Welter durfte Berlin für sich verbuchen, was sichtlich für zufriedene Gesichter im Saal sorgte. Das änderte sich rasch, als Kenan Kisin gegen den für Berlin kämpfenden Ungarn Imre Bacskai erschien. Kisins modischer Zopf wippte träge aus dem Helm (Kopfschutz) heraus, während sich die beiden mit hängender Deckung lustlos umtänzelten. Erregte türkische Zurufe sowie ein immer wiederkehrendes „Kinners, boxt Euch doch endlich, Kinners“ und „Hände hoch“ waren noch Schreie der harmlosen Art und schienen auch beim Publikum für Aggressionsabbau zu sorgen. Davon war bei dem Paar Kisin/Bacskai wenig zu spüren. Wohl ging Kisin in der 3. Runde sensationsträchtig mit beiden Händen zwischen den Beinen in die Knie, war aber für einen eben erhaltenen Tiefschlag erstaunlich schnell wieder auf den Füßen.

Nach der Pause, in der volksnahe zwei Reisen verlost wurden, ging es weiter mit dem Leichtgewichtskampf. Entgegen der Ankündigung schien der Leverkusener Ägypter Raschid Abdelghaffar plötzlich abgespeckt zu haben und trat eine Gewichtsklasse tiefer gegen Adnan Özcoban an. Ersterem war kein Glück beschieden: Nachdem schon bei Özcoban das Blut reichlich aus der Nase floß, holte sich Abdelghaffar ebenfalls in der 2. Runde einen blutigen Schwinger auf seine Nase. Der Ringrichter, der daraufhin den Kampf abbrach, wurde von ihm wütend zur Seite gepufft, da er offensichtlich gewillt war, weiterzuboxen. Tränen der Enttäuschung liefen ihm übers Gesicht, als er unter dem frenetischen Beifall der gerührten BerlinerInnen nach Boxersitte nach allen Ringseiten grüßend abtrat.

Lokalmatador Sven Ottke trat danach gegen den erst vor kurzem aus der polnischen Nationalmannschaft getürmten Dariusz Michalczewski an. Wegen Ottke war der Kampf vorgezogen worden, damit sein Sieg noch pünktlich ins Fernsehen kam. Da sich „unser Berliner Junge“, so der Ansager Michael Gusnick, siegreich gegen den Polizeieuropameister 1987 schlug, mußte die Berliner Staffel erst bei den beiden letzten Kämpfen Federn lassen. Bei der Begegnung im Halbschwergewicht bebte erwartungsgemäß der Boden des Hochrings. Als sein Schützling aber ständig in den Seilen hing, winkte hier der Berliner Trainer mit dem Handtuch.

Gleich von zwei Betreuern in Marsanzügen bekam der Berliner Meister von '87 und '88, Frank Zegel, Unterstützung. Er stand dem einzigen Star der Veranstaltung, dem holländischen Olympiadritten Arnold Vanderlijde gegenüber. Zwar kamen gutgemeinte Zurufe aus den Reihen der Zuschauer, wie „Ins Ohr beißen“, und der ganze Saal tobte, als Zegel doch noch energischer in der letzten Runde die Fäuste schwang, doch befand er sich auf verlorenem Posten gegen den Holländer. Der trippelte nach der Verkündung seines Sieges wieder genauso lässig davon, wie er gekommen war.

Karin Figge