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„Das Gefühl des Augenblicks“

 ■ V O R L A U F

(22.45 Uhr, West3) Schattenszenen vom bloßen Dasein. Heimlich beobachtet Robert Frank seine Objekte. Vor dem Madison Square Garden steckt sich der Cowboy die Zigarette an. Die Gesichter sagen nichts, wollen kein Gespräch, kein Aufsehen - einfach nur ihre Ruhe. Robert Frank, der Erich Salomon des Wilden Westens. Mit seinem alten Wagen und einem Guggenheim-Stipendium reiste er quer durch die USA. Frank ist ein Sammler, er sucht nach Gesichtern und Situationen. Manchmal findet er ein Bein, das herauslugt, ein altes Ehepaar, das sich mit den Jahren immer ähnlicher wurde, oder ein Straßenlicht auf dem Highway. „Ich gehe gar nicht davon aus, daß jemand meine Auffassungen teilt. So sehen wir im richtigen Leben aus, und wenn dir das nicht paßt, geht es mich nichts an.“ Sie gehören ihm, die leeren Stühle, die ein Hineinsetzen kühl von sich weisen, Verräterisches, das im Augenwinkel verschwimmt. Robert Frank wurde 1924 in Zürich geboren. 1947 emigrierte er in die USA. Der Fremde registriert die Weite, das Totale, den „melting pot“. Sequenz für Sequenz reiht er aneinander, das Gesicht „der Amerikaner“ ist die Serie. Schlicht und unspektakulär wird Schwarzweiß zu Grau, verbindet Frank Pathetik mit Real -Dokumentation und Satire. Wie auch für Diane Arbus ist für Frank die Fotografie „immer die instinktive Reaktion des Fotografen auf sich selbst“. Aber anders als Diane Arbus entblößt Frank nicht die Menschen, sondern ihre Situationen, ihr Sein im Zusammenhang. Die Bilder fordern nichts. Nichts soll sich ändern. Er änderte sich: 1966 hörte Frank auf zu fotografieren.

Bettina Bausmann

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