Alles zur Feier von Wedemeier

■ Corinto morgen frisch beflaggt, gestrichen und feucht besprenkelt

Die lange Ortseinfahrt wird beflaggt - in nicaraguanischem schwarz-rot und bundesdeutschem schwarz-rot-gold. Wenn morgen die klimatisierte Limousine des Bremer Bürgermeisters um die Ecke der zentralen Plaza biegen wird, leuchten dem Gast aus Übersee frisch gestrichene knallgelbe Steinbänke entgegen. Corintos Bürgermeister Ramon Carache hat sich etwas einfallen lassen, um die Bedeutung des hohen Besuchs aus Bremen würdig zu gestalten. Gerade wird letzte Hand an die Krönung der Requisite für den Staatsempfang gelegt; mitten auf der Plaza entsteht ein Springbrunnen, aus dem eines der kostbarsten Dinge sprudeln soll, die Corintho zu bieten hat: Trinkwasser. Ob es dazu jedoch tatsächlich kommt, ist noch ungewiß. Denn seitdem ein schwerer Sturm den letzten Wasserturm der Stadt umgeknickt hat, entlassen Corintos Hähne häufig keinen Tropfen mehr. Und selbst wenn die dreißig Kilometer lange Zuleitung aus Chinandege gerade kein größeres Leck hat, reicht der Druck zwar noch für die Klospülung. Aber bis zum Brausekopf der Dusche springt der Pegel nicht.

Gleich gegenüber prangt am größten Steinhaus des Ortes dick und schwarz der Bundesadler im gelben Oval. Hier residiert der Honorarkonsul und katholische Priester Schendel. Seit 25 Jahren steht er nicht nur im Zentrum des religiösen Lebens von Corintho - ihm untersteht die zentrale katholische Kirche. Im Unterschied zur einheimischen Bürokratie ist der deutsche Missionar auch das einzige Mitglied der örtlichen Honoratiorenschar, dem niemand nachsagt, den nächtlichen Ausschweifungen einer Hafenstadt verfallen zu sein.

Doch Padre Schendel, der im Ruf steht, den Bürgermeister an lokaler Bedeutung weit zu übertreffen, zeigt sich in diplomatischen Fragen sehr zurückhaltend. Er arrangierte sich mit dem Somoza-System wie mit den Sandinisten und arbeitete an seinen Sozialprojekten: einem Altersheim, einer Fischerei-Kooperative, einer Nähwerkstatt für Frauen, die der Prostitution entkommen wollen und einer in Corinto einmaligen alkoholfreien Bar direkt neben der Kirche. Und wenn am Sonntag die Bürgermeister Wedemeier und Carache hinter der zugigen Bretterwand des Rathauses ihre Unterschrift unter den Städtefreundschafts-Vertrag setzen, ruft Schendel im weißen Talar die Corinter zur Messe in seine prunkvolle Kirche. as