Krebskopien

■ Der Bauch des Architekten, ZDF, 22.40 Uhr

Festivaleinladungen war der Kurz- und Dokumentarfilmer Peter Greenaway zwar schon gewohnt, vor fünf Jahren allerdings gelang ihm mit seinem ersten Spielfilm eine kleine Sensation: Sein Verwirr-Krimi Der Kontrakt des Zeichners machte in Venedig und Berlin ebenso Furore wie auf den Festivals von Rotterdam, London, New York oder Melbourne. Und Greenaways eigenwillig klassisch-elektronische, von Michael Nyman komponierte Filmmusik gehört seitdem längst zur suggestiven Trickkiste jedes noch so lahmen Fernsehfeatures. Greenaways nächste Kino-Spielerei, das Z mit zwei Nullen, geriet dann etwas arg artifiziell und fand erst nach zwei Jahren den Weg in unsere Kinos. Doch da folgte schon ein dritter Streich: Der Bauch des Architekten. Stourley Kracklite (wer denkt sich schon solche Namen aus?), der Erfolgs-Architekt aus den USA, reist nach Rom, um dort eine Ausstellung zu konzipieren. Noch vergnügt er sich bei der Bahnfahrt mit seiner schönen Frau im Liegewagen. Doch kaum in Rom, bekommt Kracklite durch den jungen Caspasian Speckler (diese Namen!) einen arrogant -attraktiven Nebenbuhler, nimmt die Midlife-Crisis ihren Lauf.

Greenaway freilich verzichtet dabei auf die gängigen Klischees und entfaltet das Liebesdrama statt dessen auf seine typische irritierend-originelle Weise: Im Bauch der Architekten-Frau wächst ein Kind, der Architekt glaubt, in seinem Bauch wachse ein Krebs. Seine Angst bringt ihn um den Verstand, und als die Wehen seiner Frau einsetzen, springt er aus dem Fenster. Ganz nebenbei setzt sich der Brite zudem noch mit der Rolle der Architektur in Alltag und Politik auseinander. All das wieder in atemberaubend schönen gemäldehaften Tableaus, postkartigen Rom-Ansichten und einer clever konstruierten Dramaturgie (einen winzigen Fehler freilich gibt's: Man achte auf die Kopierszene, wo das Original stets falsch auf dem Kopierer liegt und alles dennoch funktioniert).

I-Tüpfelchen bei diesem besten der drei Greenaways: Kracklite himself, alias Brian Dennehy. Der bullige US -Schauspieler ist sonst der klassische Kino-Bulle - und der große Anwärter für einen Kult-Star.

Dieter Oßwald