Irakische Regierung siedelt Kurden um

■ Letzte Ortschaften in der Grenzregion sollen geräumt werden / Bevölkerung soll in arabischen Gebieten angesiedelt werden

Berlin (taz) - Die irakische Regierung hat eine großangelegte Aktion zur Zwangsumsiedlung von Kurden in dem Grenzgebiet zum Iran eingeleitet. Bereits am 29. März erging unterschiedlichen Angaben zufolge an 100.000 bis 250.000 Kurden ein entsprechendes Dekret der Regierung in Bagdad. Wie medico international und die Gesellschaft für bedrohte Völker am Mittwoch berichteten, wurden die Bewohner angewiesen, ihre Häuser in ordentlichem Zustand zu verlassen und innerhalb der nächsten Tage der irakischen Polizei und Armee zu übergeben. Die Betroffenen vermuten, daß arabische Iraker dort angesiedelt werden sollen. Gebäude, auf deren Wänden Parolen gegen die Regierung standen, wurden am Dienstag von der irakischen Armee niedergerissen.

Betroffen sind die nach Giftgasangriffen und der dadurch ausgelösten Fluchtbewegung im vergangenen Jahr letzten größeren Städte und Dörfer im Bezirk Pizhdar. Die Willkürmaßnahme gilt auch für diejenigen, die die Regierung zuvor in Lagern interniert hatte. Die Vertriebenen sollen nun in arabischen Gebieten bei Basra im Süden des Landes und der Region zwischen der Stadt Tikrit und der jordanischen Grenze angesiedelt werden. Eine von den Kurden nach Bagdad entsandte Honoratiorendelegation wurde von der Regierung gar nicht erst empfangen. Daraufhin wurde im Bezirk Pizhdar zum passiven Widerstand aufgerufen.

In Kreisen des kurdisch-irakischen Widerstands wird vermutet, daß damit Absprachen des arabischen Gipfels von 1982 vollstreckt werden sollen, die auf eine Verteilung der Kurden auf arabische Länder hinausliefen. Nach Schätzungen der Gesellschaft für bedrohte Völker wurden zwischen 1975 und 1988 über 5.000 kurdische Siedlungen, Weiler und Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und ihre Bevölkerung zwangsumgesiedelt oder in Lager innerhalb des irakischen Kurdistans verbracht.

bs