K O M M E N T A R Ohne Not

■ Hollerland soll bebaut werden (s. Seite 18)

Not macht erfinderisch, sagt der Volksmund. Politisch gewendet könnte das heißen: Not überwindet Sachzwangargumentation. Ein Beispiel dafür lieferte gestern die SPD-Fraktion mit ihrer wohnungsbaupolitischen Initiative, bei der das Wort Finanzkrise keine Rolle spielt. Wenn die ehrgeizigen Pläne tatsächlich zu Stein werden, könnten nach einer Anlaufphase im Jahresmittel täglich drei neue gefördrerte Wohnungen bezogen werden. Auch ein wichtiger, weil praktischer Beitrag gegen Fremdenhaß und Rechtsradikalismus.

Not überwindet aber auch Schamgrenzen. Denn geschickt nutzt die SPD-Fraktion die allseits akzeptierte Notwendigkeit, Wohnungen zu bauen, um ein unzweifelhaft wertvolles Stück Natur - das Hollerland - zum unzweifelhaft profitablen Bauprojekt Horn-Lehe-West zu machen. Dabei belegen offizielle Zahlen, daß ohne Hollerland sofort 6.400 Wohnungen gebaut werden können. So bliebe auch bei den ehrgeizigen Bauplänen genug Zeit, ökologisch weniger bedeutsame Flächen zum Wohngebiet umzuwidmen. Die Argumentation mit der Wohnungsnot zählt in Sachen Hollerland nicht. Hier wird Natur vernichtet, ohne Not.

Holger Bruns-Kösters