Damit die Spannung bleibt

■ Staatsanwaltschaft stellt Verfahren wegen Barschel-Brief ein

Die beste Garantie, eine politische Affäre nicht aufzuklären, besteht immer darin, den Justizbehörden die Arbeit zu überlassen. Das hat die Kieler Staatsanwaltschaft mit der Einstellung des Verfahrens gegen den (unbekannten) Urheber des Barschel-Briefes nachdrücklich unter Beweis gestellt. Wie im Ausland, so gilt auch in der Bundesrepublik: Ohne die Recherche unabhängiger und unvoreingenommener Medien wird kein einziger politischer Kriminalfall gelöst.

Erinnert sei an die grandiosen Schlampereien der Genfer Justiz, die bis heute nicht erklären kann, warum und wie Uwe Barschel 1987 gestorben ist. Erinnert sei auch an die Behinderung der Aufklärung der Kieler CDU-Machenschaften durch die Lübecker Staatsanwaltschaft. Nicht die Justiz, sondern die Medien und der parlamentarische Untersuchungsausschuß enthüllten die Schweinereien aus dem „Saustall“ Staatskanzlei. Und erst die Veröffentlichung des Barschelbriefes im vergangenen Herbst nötigte die Kieler Staatsanwaltschaft, tätig zu werden.

Gleichwohl dauerte es Monate, bis Zeugen vernommen und Gutachter eingeschaltet wurden. War von der CDU ohnehin kein Druck zu erwarten, so erstaunt das Stillhalten der Sozialdemokraten. Keineswegs zurückhaltend gegenüber CDU -Parteigängern in der Justiz, demonstrierte der Justizminister auffallendes Desinteresse an der Aufklärung der Brief-Affäre. Deshalb wird jetzt heftig spekuliert, ob hinter den Kulissen politische Dealer am Werke waren.

Spekulationen beleben Uwe Barschel stets auf neue. Sein Tod, die Verwicklung in Waffengeschäfte und sämtliche virulente Affären in Europa - nichts ist aufgeklärt. Aber die beweisbaren Zusammenhänge sind kompliziert. Zu kompliziert und bruchstückhaft, als daß eine durchschnittlich interessierte Öffentlichkeit es nachvollziehen könnte oder wollte. Zudem sind die bedeutsamen Figuren der Geschichte entweder schon von der politischen Bühne abgetreten oder sie stehen, wie Gerhard Stoltenberg, kurz davor. Deshalb wird das Publikum noch geraume Zeit auf die Lösung des spannendsten Polit-Krimis der Bundesrepublik warten müssen.

Petra Bornhöft