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Abwarten reicht nicht

Über den Unterschied zwischen politischer und polizeilicher Arbeit  ■ K O M M E N T A R

Die Lage ist leider nicht so, daß bis zum morgigen „Führergeburtstag“ das Problem des Rechtsradikalismus durch Aufklärung und politische Lösungen in den Griff zu bekommen ist. Statt dessen macht sich in linken Gruppierungen und an vielen Schulen die Angst breit. Ein Teil der Diskussion bei den „Antifas“ beschäftigt sich mit der geeigneten Bewaffnung, Telefonketten, Mobilisierungsplänen und Aktionen: Bürgerwehr von links, entschlossen, die „Faschos“ mit Knüppeln vom rechten Irrweg abzubringen. Daß das außer ein paar Schwerverletzten politisch auf Dauer nichts einbringen wird, ist klar.

Mitschuldig an dieser Entwicklung ist die Polizei. Der Staatsschutz beruft sich auf seine objektiven Erkenntnisse und erklärt die Befürchtungen vor Gewalt von rechts für hysterisch. Ansonsten berufen sich die Ordnungshüter auf ihren schlechten Ruf als rechtsstehend. Aus dieser Haltung ergibt sich die dreiste Forderung nach „Courage“. Aber welcher Schüler wird schon Anzeige erstatten, wenn er von Fällen wie in Neukölln hört, als eine Polizeistreife Schüler, die um Hilfe gegen Skinheads baten, einfach im Stich ließ? Einzelfälle? Mag sein, aber sie ergänzen das Bild einer Polizei, die sich in den vergangenen Jahren als williger Büttel von Kewenig und Co einen Namen gemacht hat und bei der seitdem nicht einmal in der Führung personelle Akzente gesetzt wurden. Diese Polizei kann es sich nicht leisten, abzuwarten. Es erfordert aktives Werben um Vertrauen, um auch „Antifas“ klar zu machen, daß unter der Telefonnummer 110 Schutz-Männer und -Frauen zu erreichen sind. Dann können die Telefone der Antifa-Anlaufstellen wieder für die politische Arbeit freigehalten werden. An denen müssen helle und heile Köpfe sitzen - sie werden noch gebraucht, auch nach dem 20. April.

Thomas Rogalla

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