In Wackersdorf hat sich der Wind gedreht

Die Christlich-Sozialen in der Oberpfalz finden sich nur schwer mit einem möglichen Aus für die WAA ab - aus Befürwortern werden Ökologen / Probleme mit der Abhängigkeit vom WAA-Betreiber DWK / Auf Wackersdorf warten „trübe Zeiten“  ■  Aus Wackersdorf Bernd Siegler

„Das ist für mich so beeinflußbar wie das morgige Wetter“, kommentiert der CSU-Fraktionsvorsitzende im Schwandorfer Stadtrat Michael Kaplitz die Lage. Nach acht Jahren Beschäftigung mit der WAA überrascht ihn „gar nichts mehr“. Daß die bayerische Staatsregierung die rechtlichen Möglichkeiten eines Baustopps ausgelotet hat, findet der Schwandorfer Rechtsanwalt aber doch „erstaunlich“. Wenn die WAA nicht gebaut werden sollte, werden die Leute sich „bei der bayerischen Staatsregierung noch bedanken“. Doch an ein Aus für Wackersdorf will Kaplitz noch nicht glauben. Er hält das Ganze für ein „Spielchen der Energieversorgungsunternehmen, mit dem Ziel, das wirtschaftliche Risiko dem Staat aufzubürden“.

Während die WAA-GegnerInnen guten Mutes sind, daß das Ende des Wackersdorfer Monstrums unausweichlich bevorsteht, schlagen die Befürworter so manche Kapriole. Angesichts der durch den VEBA-Vorstandsvorsitzenden Bennigsen-Foerder ausgelösten Abkehrbewegung von der bundesdeutschen Wiederaufarbeitungsanlage, will es in der Oberpfalz plötzlich niemand mehr gewesen sein, der das „Jahrhundertbauwerk“ im Taxöldener Forst favorisiert hat.

Der Wackersdorfer CSU-Gemeinderat Ascherl zum Beispiel ist sich seiner bisherigen Unterstützung für die WAA plötzlich nicht mehr bewußt. „Wir sind doch nur angehört worden, haben Stellungnahmen abgegeben, aber doch nichts entschieden“, spielt er die Rolle des Gemeinderats herunter. Daß dieses Gremium zuletzt erst kurz vor Ostern zehn Einzelbaugenehmigungen für den WAA-Betreiber DWK erteilt hatte, spielt für Ascherl keine Rolle. Man habe sich immer bemüht, „ökologisch sichere“ Arbeitsplätze nach Wackersdorf zu holen. „Natürlich können wir alle unsere Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, das Ausland freut sich“, kommentiert er die Verhandlungen der VEBA mit der französischen WAA -Betreiberfirma. Im Gegensatz zu anderen Parteikollegen plädiert Ascherl aber immer noch für den Weiterbau der WAA: Ohne die Anlage sähe die Zukunft der Oberpfalz „sehr trübe aus“. Dem pflichtet auch Schwandorfs CSU-Oberbürgermeister Kraus, einst ein WAA-Gegner, bei.

Sein Amts- und Parteikollege Jakob Scherf aus Steinberg will es heute schon immer gewußt haben. „Die WAA wird nie in Betrieb gehen, weil sie ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll ist.“ Er hofft, daß sich ein Baustopp positiv auf die CSU in der Region auswirken wird. „Wir Schwarzen haben in der Vergangenheit sehr unter der WAA gelitten“, gibt Scherf zu. Neunburgs Bürgermeister Manlik (CSU) erklärt heute, er habe dem Projekt WAA „von Anfang an skeptisch gegenübergestanden“.

In den Rathäusern von Bodenwöhr und Wackersdorf macht man sich bereits Sorgen um die hohe Verschuldung der Gemeinden gegenüber den WAA-Betreibern. Inklusive dem in Kürze verabschiedeten Haushalt 1989 steht Wackersdorf mit fünf Mio. Mark bei der DWK in der Kreide. Seit fünf Jahren erhält die Gemeinde als Gewerbesteuervorauszahlung deklarierte zinslose Darlehen vom WAA-Betreiber. CSU-Mann Ascherl sieht da Probleme kommen: „Die fällige Rückzahlung, wenn die WAA nicht gebaut werden sollte, wird sehr sehr schwierig werden.“ Die Gemeinde müßte dafür auf öffentlich zugängliche Darlehen mit den normalen Zinssätzen zurückgreifen. Bodenwöhrs Bürgermeister Wallinger (Freie Wähler) will bei der Rückzahlung der in seinem Fall fälligen 3,5 Mio. Mark auf die vereinbarten „Härteklauseln“ zurückgreifen. Er ist vorsichtig optimistisch. „Wir hatten bisher nie Probleme bei Verhandlungen mit der DWK.“

Während sich die örtlichen Politiker schon konkrete Gedanken über die Nutzung des WAA-Geländes anstellen, bleibt die Betreiberfirma DWK trotzig. Rechtliche Überlegungen zu einem Baustopp habe man „definitiv nicht“ angestellt, so der Pressesprecher der Wackersdorfer Filiale der DWK, Egon Mühlberger. „Wir haben das Mandat weiterzubauen und das werden wir tun.“ Die Stimmung unter den Mitarbeitern sei jedoch gedrückt - „wie überall, wo Arbeitsplätze gefährdet sind“. Die DWK will jetzt auf eine Entscheidung aus Bonn warten. „Das Primat der Politik ist auch für uns gültig“, kündigt Mühlberger an. Dem entsprechend will der CSU -Landtagsabgeordnete Otto Zeitler die Wirtschaft in die Pflicht nehmen. Zeitler gibt inzwischen offen zu, daß die Wirtschaftlichkeit der WAA für das Projekt nie ausschlaggebend gewesen sei.

Genau das liefert den WAA-GegnerInnen die geeignete Munition. „Mit Hängen und Würgen will der Freistaat an dem Prestigeobjekt WAA festhalten“, wirft Irene-Maria Sturm von der Schwandorfer Bürgerinitiative der Staatsregierung vor. Die BI fordert den sofortigen Baustopp und will Bayerns Umweltminister Dock, Ministerpräsident Streibl und alle Bürgermeister der umliegenden Gemeinden beim Wort nehmen: „Ein Zwischenlager oder eine Brennelementefabrik wird es in Wackersdorf nicht geben.“