Hollywood, wir kommen!

■ Die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin ist in der Krise, sagen die einen Eine Schule, die die Krise erlaubt, fordern die anderen

Christiane Peitz

Warum sie denn im Winter nicht gestreikt hätten, will ich von den Studenten wissen. Sie lächeln über meine Unwissenheit. Die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) ist nämlich eine Hochschule, an der seit '68 Realität ist, wovon die Studenten an den anderen Unis nur träumen können: Drittelparität im Akademischen Rat, Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von Dozenten, zeitweise sogar bei der Aufnahme neuer Studenten, keine Noten, keine Prüfungen. Zwar reicht es nicht zum Leben, aber jeder dffbler kriegt monatlich 420 Mark (unabhängig von Bafög, Eltern oder anderen Finanziers) und hat im Laufe seines Studiums circa 30.000 Mark zur Verfügung, um Filme zu drehen. Die Lehrveranstaltungen im Hauptstudium sind freiwillig, unter den Gastdozenten in diesem Jahr finden sich Wim Wenders, Markus Imhoof, Syd Field, Peter Patzak, Istvan Szabo, Otto Sander und Straub-Huillet. Und bei Kritik von außen halten Direktor Rathsack, die Dozenten und Studenten zusammen wie Pech und Schwefel. Eine Traum-Uni also?

Zumindest einer ist da ganz anderer Meinung: Martin Wiebel, der vor einem Jahr als designierter neuer Direktor der dffb angetreten war - Rathsack geht nämlich am 1. Juli 1989 in Pension. Schnell machte Wiebel Finanzdefizite aus, einen Studentenberg, seit Jahren vakante Dozentenstellen und wollte der Kunstakademie mit einer gehörigen Portion Reformen zuleibe rücken. Die dffb sei zu einer Art Selbstbedienungsladen verkommen, sagt er, zu einer „Discount -Filmförderungsanstalt“, von der die Studenten nichts weiter wollten als ihre Aktie in Höhe von 30.000 Mark. Von Lehre könne gar nicht die Rede sein: Zur Zeit gibt es nur eine halbe besetzte Dramaturgenstelle und eine halbe Regiedozentur. Kunst hin oder her, für Wiebel muß die Kasse stimmen, schließlich gibt die dffb jährlich ca. sechs Millionen Mark Steuergelder aus: drei Millionen aus Bonn, drei Millionen aus Berlin. Außerdem habe ein bißchen Handwerk noch dem größten Künstler nicht geschadet. Von Beruf Dramaturg und als langjähriger WDR-Redakteur weiß er, wovon er redet. Er plante die vorübergehende Reduzierung der Studentenzahlen - der Überhang kommt zustande, da die wenigsten nach drei Jahren mit ihrem Studium fertig sind und viele erst nach fünf Jahren ihren Abschlußfilm drehen -, die Einrichtung eines vierten Studienjahres, verbindliche Lehrveranstaltungen für das Hauptstudium, die Möglichkeit eines Aufbaustudiums für Quereinsteiger, kurz: die Umwandlung der Kunstakademie in eine berufs- und praxisorientierte Ausbildungsstätte. Der Macher

Wiebel blieb nicht lange. Bereits am 10. November gab er auf - zu groß war der hausinterne Widerstand gegen seine Reformpläne -, er quittierte seinen Dienst. Und das, obwohl Direktor und Studenten ursprünglich mit seiner Wahl einverstanden waren. Ludger Blanke, Absolvent seit 1985, Christian Petzold und Christian Frosch (beide erstes Semester) beschimpfen ihn heute als Macher: Wiebel sei ein „Gschaftlhuber“, der aus der dffb eine Medienschule für den Fernsehbedarf machen wollte und aus den Künstlern Handwerker. „Ein Luxushasser ist das, ein Kunstvernichter.“ Christian Frosch spricht als gebranntes Kind - er war vorher an der Wiener Filmakademie, und dort gab es Noten.

Nur in einem Punkt stimmen sie Wiebel zu: Drei Jahre Studium sind einfach zu kurz. Aber die Fluktuation unter den Gastdozenten begrüßen sie als Garantie für Vielseitigkeit; die schlechte Ausstattung bestreiten sie schlicht. Für ihre Bedürfnisse habe die dffb geradezu ein „Luxusequipment“. Allerdings - geben sie zu - wird vor allem in den 35mm -Bereich investiert, also in die schwerfälligen Sachen, die Repräsentationsobjekte. Was fehlt, sind tragbare Videorekorder für den unspektakulären, aber vielleicht umso lehrreicheren Spaziergang mit der Kamera. „Wiebel hat nicht begriffen, daß die dffb utopischen Charakter hat“, erklären sie mir. „Natürlich dilettieren viele von uns vor sich hin, aber genau dazu ist die Schule ja da. Den Kampf führen wir nicht gegen die Institution, nicht gegen überkommene Strukturen, sondern eben untereinander und nicht zuletzt jeder mit sich selbst.“ Der Direktor

Direktor Rathsack formuliert es zwar zurückhaltender, aber meint das Gleiche: „Wiebel hat den Fehler gemacht, sein Konzept zu veröffentlichen, ohne darüber vorher mit Dozenten und Studenten zu diskutieren.“ Wiebel hatte also die antiautoritären Strukturen der Akademie einfach ignoriert. Und die Mitbestimmung ist nicht nur eine historische Errungenschaft, sondern hat auch einen praktischen Grund. Rathsack: „Wir haben es doch mit Erwachsenen zu tun. Im Unterschied zur normalen Uni sind die Absolventen 25 Jahre und älter, nur fachlich handelt es sich um Anfänger.“ Von einer Krise könne trotz Wiebels Weggang gar nicht die Rede sein. Auf einen Artikel Knut Hickethiers in der Märznummer von epd-Film, in dem ebenfalls von Finanzkrise und Studentenüberhang die Rede war, hatte er mit einer geharnischten Replik reagiert: alles Lüge. Bisher habe jeder Student die Gelder für seinen Abschlußfilm auch bekommen, viele legten ein Urlaubsjahr ein, das deshalb eingesparte Geld bekämen sie später wieder. Natürlich ist auch Rathsack für ein viertes Studienjahr, aber das ist nicht zuletzt eine Geldfrage. „Man muß sich entscheiden: Will man Spezialisten fördern oder eine Basisausbildung anbieten, so breit und so solide wie möglich, um eine Grundlagen zu schaffen für die individuelle Entwicklung? Wir haben uns für letzteres entschieden.“ Wesentlich ist ihm die Freiheit der Studenten, nicht nur Verwertbares zu produzieren, sondern Eigenes zu entwickeln. Die Studenten

Ludger und die beiden Christians formulieren das radikaler. „Die dffb ist eine Schule, wo man etwas lernt, was es noch nicht gibt.“ Nicht nur, daß sie keine Fingerübungen für die Industrie machen wollen, auch den Begriff Autorenfilm, mit dem die Akademie lange hausieren ging, akzeptieren sie nicht für sich. Was das denn sei, geben sie die Frage an mich zurück. Im Alleingang mache keiner der Absolventen seine Filme, Teamwork sei das Normale: Ohne Arbeitsteilung ist ein Film nicht zu machen. Und auch um den Dokumentarfilm, für den die dffb in den siebziger Jahren berühmt war, stehe es schlecht. Damals gab es die Filmclubbewegungen, die Gewerkschaft zeigte Filme, und viele junge Filmemacher waren vom politischen Pathos beseelt, daß endlich einmal die Wahrheit gesagt und gezeigt werden müsse. Heute sind die Medien jederzeit und überall live dabei, man weiß gar nicht mehr, was noch nicht in Ton und Bild dokumentiert ist. Für den Kurzfilm hat sich die (finanzielle) Lage ebenfalls verschlechtert, schuld daran sind diverse Änderungen im Vergnügungssteuergesetz.

Die Frage ist also nicht, wie man im sich ausweitenden EG -Fernsehmarkt die Pfründe sichert, sondern ob und, wenn ja, was man darin überhaupt zu suchen hat. „Das Kino“, sagen die drei, „ist toter als je zuvor.“ Mit einer normierten Lehre, mit der Vermessung künstlerischer Leistung sei dem nicht abzuhelfen: Filmemachen können man eben nicht lernen wie das Schusterhandwerk. Eine der bekanntesten dffb-Anekdoten ist denn auch die von der Aufnahmeprüfung Rainer Werner Faßbinders: Er fiel durch. Die 68er

Wie kommt man auf die dffb? Die beste Voraussetzung für die Aufnahme, sagt Harun Farocki, seien private Beziehungen zu einem dffbler, eine proletarische Vergangenheit und keine Ahnung vom Filmemachen (bereits gedrehte Filme werden bei der Aufnahmeprüfung sowieso nicht berücksichtigt). Alle stöhnen über den linken Filz an der dffb, die früheren internen Kriege unter den K-Gruppen sind legendär.

Der Filmemacher Harun Farocki gehört selbst zum berühmten ersten Jahrgang von 1966, flog seinerzeit zusammen mit anderen hochkant raus, hatte zeitweise Hausverbot und betritt die Akademie seit zehn Jahren hin und wieder als Dozent fürs Filmtheoretische. Wie es denn damals war, '68, will ich von ihm wissen. „Ich habe dort alles gelernt“, meint er, „nur zum Filmemachen hatte ich keine Zeit.“ Trotzdem finden sich im ersten Jahrgang lauter bekannte Namen: Das Spektrum reicht von Holger Meins bis Wolfgang Petersen, dazwischen tummeln sich Hartmut Bitomsky, Harun Faroqhi (damals schrieb er sich noch so), Thomas Mitscherlich, Helke Sander, Christian Ziewer, Daniel Schmid (damals noch Schmidt). Die Filmtitel sprechen für sich: Ein Western für den SDS, Die Schlacht am Tegeler Weg, Terror auch im Westen, Eigentumskinder, Herstellung eines Molotow-Cocktails, letzterer endete mit einer langen Einstellung aufs Springerhochhaus. Aber Holger Meins drehte auch Kifferfilme und liebte Jean-Marie Straubs Chronik der Anna Magdalena Bach.

In den Seminarpapieren ging es um die Frage, wie sich die Kamera als Waffe im „Befreiungskampf der Arbeiterklasse“ einsetzen läßt; es gab Demos gegen Filmförderungs- und Notstandsgesetze, Teach-Ins und Institutsbesetzungen. Mißliebige Filmrollen verschwanden auf mysteriöse Weise (und tauchten unvermutet in Direktor Rathsacks Büro wieder auf); während einer Diskussionsveranstaltung wurde öffentlich ein SFB-Kamera enteignet, die die Tochter des SFB -Programmdirektors beim Besuch einer Freundin zufällig unter deren Bett entdeckte - den Rest regelte Papi. Aber es gab auch Prozesse: Als Holger Meins und Peter Straschek wegen des Molotow-Cocktail-Films Alexander Kluge um ein Gutachten baten, lehnte der mit der Begründung ab, im Gegensatz zu den beiden sei ihm ihr Film nicht dialektisch genug. Am 25. November 1968 wurden 18 Studenten fristlos entlassen. Trotzdem ist die dffb seitdem die wohl antiautoritärste Akademie der Republik. (Diese und andere Krimis sind in einer lesenswerten Dokumentation zur Akademiegeschichte nachzulesen, Datur Vacuum, zu finden in der hauseigenen Bibliothek.)

Zehn Jahre danach, während einer Gesprächsrunde 1978, belächelten viele Ehemalige ihren politmissionarischen Eifer und ihr pädagogisches Pathos von damals. Immer sei es darum gegangen, welche Botschaft ein Film transportieren könne. Dabei transportiert die Kamera Filmmaterial und sonst gar nichts. Sagt Farocki.

Aber ihm fällt auf, daß die Studenten heute weniger fundamentalistisch sind, längst nicht mehr so orthodox wie zu Zeiten der Studentenbewegung, aber auch nicht mehr so theoriefeindlich wie in den Siebzigern. Das gefällt ihm. Die Filme

Die Studenten heute bestehen auf Zeit zum Nachdenken schließlich habe die „Nouvelle Vague“ auch erstmal jahrelang diskutiert und geschrieben, bevor Leute wie Truffaut oder Godard Filme gemacht hätten. Ihr Credo: „Die dffb ist eine Schule, die die Krise erlaubt.“

So war ich also vorgewarnt. Dennoch hat mich die schlechte Qualität der neuesten fertiggestellten dffb-Filme erschreckt, die zum Teil auf der diesjährigen Berlinale, zum Teil im Berliner Arsenal-Kino zu sehen waren. Oft sieht man den Abschlußfilmen allzudeutlich an, wie sie auf die Öffentlich-Rechtlichen als Koproduzenten oder als zukünftige Arbeitgeber schielen: Meist haben sie übliche Spielfilmlänge und eine schlichte Story nach einer Idee, die vielleicht für 15, nicht aber für 90 Minuten Stoff hergibt. Zum Beispiel Tania Stöcklins Georgette Meunier: Eine männerlustmordende Apothekerin verfeinert über die Jahre ihre Methoden und erfindet den vergifteten Kuß; aber eigentlich liebt sie ihren leibhaftigen Bruder. Viel Feminismus, viel Kunsthandwerk, ein bißchen Freud, schlechte Dialoge und vor allem schlechte Schauspieler - ein Paradebeispiel für gut gemeinte, aber schlecht gemachte Filme. Solche Produktionen geben Martin Wiebel recht, wenn er vor allem dramaturgische Ausbildung fordert und ein bißchen Nachhilfeunterricht im Umgang mit Schauspielern.

Auch die alle paar Jahre von der dffb dokumentierten Umfragen unter ehemaligen Absolventen strafen die heftige Abneigung der Studenten gegen die Fernsehprodukte Lügen. Die meisten, die weiter Filme machen, landen beim WDR, beim SFB, beim Hessischen Rundfunk.

Harun Farocki bestätigt, daß viele Studenten sich freiwillig an die ungeschriebenen Gesetze des Marktes halten und ihnen die späteren Anforderungen in Medienalltag und Filmgeschäft allzu bewußt sind. Viele versuchen schon während des Studiums, die Fernsehanstalten als Koproduzenten zu gewinnen. Auf meine Frage, ob die wenigen guten Studenten es trotz oder wegen der dffb sind, antwortet er sibyllinisch: „Was gut ist, setzt sich durch, nicht gegen den Widerstand der Institution, sondern weil sie versäumt hat, es zu verhindern.“

Bei den Grundkurs- und anderen kürzeren dffb-Filmen fällt zunächst auf, wieviele sich nach wie vor auf herkömmliche Weise sozial engagieren. Kohle im Kreuz etwa widmet sich dokumentarisch der Arbeit von Brikettabladern, und lehrt uns nicht mehr, als daß diese hart ist. Kanal, der Abschlußdokumentarfilm von Peter van Reek, entwirft ein allzu idyllisches Bild der Anwohner eines holländischen Binnenkanals, mit Brückenwärter, Kneipenbesitzer, Bauer, Schiffer, Angler und Zigeunerfamilie. Fremdland von Ernst Feiler und Jürgen Schönhoff zeigt einen Libanesen kurz vor der Abschiebung und uns, was wir eh schon wissen: wie schlimm das ist. Kind sein verfolgt den Tagesablauf eines ca. Achtjährigen mit der Kamera in Kinderaugenhöhe. Bei den meisten Filmen ist der Ton schlecht, das Bild zu hell oder zu dunkel, die Schnitte stimmen nicht - aber das kann man ja lernen. Schwerer wiegen da schon Schnitzer im Detail, wie etwa bei der morgendlichen U-Bahn-Fahrt des Knaben: die ist um diese Tageszeit nicht leer, sondern rappelvoll.

Dann gibt es noch die Experimentellen. Die Tauben essen Wassermelonen von Ricardo Iscar: Ein Versuch, beim Licht nur einer Kerze zu filmen. Die Sonne kommt von Georg Maas experimentiert mit wie Glas zerspringenden Bildern. Der Film hat zwei Hälften. Die erste zeigt einen Fabrikarbeiter bei monotoner Tätigkeit: Er kontrolliert die BVG -Fahrkartenentwerter auf ihre Funktionstüchtigkeit. Kling macht es, und wieder Kling, die roten Kästen stapeln sich, dann fährt er nach Hause: mit der U-Bahn, noch einmal steckt er eine Karte in den Schlitz und das bekannte Geräusch ertönt. Bis dahin ein lakonisches und am Schluß nicht unironisches Stückchen Film über den Menschen als Arbeitstier.

Aber es ist noch lange nicht zu Ende: Beim Einkaufen im Supermarkt schieben sich immer mehr Videobilder der Waren auf die Leinwand, hinterher fällt dem armen Mann die Tüte aus der Hand - es ist ein Drama, bloß man weiß nicht warum. Zu Hause muß er Wäsche aufhängen, kochen, spülen, wirbelt herum, immer hektischer die Schnitte, die Bilder zersplittern. Dabei handelt es sich nicht um eine Mutter mit sechs Kindern, sondern um einen Junggesellenhaushalt. Viel Lärm um nichts.

Nur zwei Filme haben mir gefallen. Break it up - ein Dokumentarvideo über Geschlechterrollen. Straßenumfragen am Kottbusser Tor - „Wären Sie gerne mal eine Frau/ein Mann?“ mit kichernden Mädchen, vergnügten Frauen mit verlebten Gesichtern, und erbleichenden Männern: „Das fragen Sie, so offen auf der Straße?“. Ein Transsexueller beim Schminken: im Spiegel das Gesicht einer Frau, aus dem Off ihre Stimme, eine Männerstimme. Später, beim Interview, sieht man, daß tatsächlich dieses Gesicht eine Männerstimme hat, es ist schwer zu begreifen. Am Ende steht eine Lesbe auf dem Balkon, begießt ihren Plastikschwanz (zum Umbinden, damit „es Spaß macht im Bett“) und klärt uns auf über die neuesten Fabrikate. Ein vergnügter, frecher Film und lehrreich dazu.

Detlev Buck hat nach Eine Rolle Duschen - „es geht ums Duschen ohne Hose“ - und nach Worauf wir abfahren - ein Schwarz-Weiß-Kurzfilm über den Teer und wie er auf die Straße kommt - Neuköllner im Bierzelt beobachtet. Was drin ist handelt vom 70jährigen „Bildreporter“ Horst, der mit Stoffaffe und Polaroidkamera die Bierzeltbesucher beim Feiern knipst, von den Mädchen, die sich herausgeputzt haben, den Besoffenen, vom Schunkeln und von Armin, der mit der Hammondorgel für Stimmung sorgt. Nichts Besonderes, nur eine kleine Studie darüber, was man alles in einem Gesicht sehen kann, wenn es in die Kamera lächelt. Detlev Buck sitzt mittendrin und am Ende schreibt er unter sein Polaroidfoto: „Hollywood, wir kommen“.

Man sieht, hier probiert einer das Medium aus und hier lohnt es sich, daß die Schule ihn machen läßt. Aber das liegt vielleicht daran, daß Buck schon vorher was konnte (Erst die Arbeit und dann...) und es ihn nicht drängt, in Windeseile einen richtigen Spielfilm zu liefern. Die Neuen

„Viele Filme sind in ihrem Scheitern wertvoll“, sagen mir die Studenten. Natürlich diskutieren sie, zerreden manchmal jede Einstellung, streiten sich. „Schließlich sind wir nicht alle Anarchisten.“ Viele geraten während des Studiums in Konflikt mit ihren eigenen Ansprüchen und Vorstellungen, durchleben private Krisen. Aber das sei ja gerade das Produktive, betonen sie. Krisen führen manchen zu Selbsteinsicht und wenn der ein oder andere schlechte Filmemacher während seiner dffb-Ausbildung entdeckt, daß Töpfern in der Toscana oder Bücherschreiben doch mehr Spaß macht, ist die Akademie ihre sechs Millionen wert. Aber das meinten die Studenten wohl nicht.

Farocki vergleicht: „Wir waren damals nur damit beschäftigt zu opponieren, umgekehrt gibt es heute vielleicht zu wenig Widerstand.“ Und er überlegt laut, ob er sich für die dffb nicht doch so etwas wie eine geistige Führung wünschen soll; jemanden, der eine Idee, einen Gedanken vom Kino vertritt, ein System, an dem die Studenten sich erstmal messen müssen. „Als neuer Direktor?“. „Vielleicht Enno Patalas.“

Der neue Studienleiter ist gerade vom Kuratorium bestätigt worden. Marin Martschewski, ein deutsch-bulgarischer Dokumentarfilmer, der lange in Babelsberg arbeitete und seit '82 in München eine private Firma hat und sich auskennt mit der neuesten Technologie, von Video- bis Bildplatte. Rathsacks Stelle ist nach dem Berliner Senatswechsel - im Kuratorium sitzt jetzt auch der neue Staatssekretär für Kultur, Hanns Kirchner - ebenfalls endlich ausgeschrieben. Leicht wird der Neue es nicht haben. Die Bewerber fürs Studienjahr 1989/90 mußten wie immer drei Schreibmaschinenseiten verfassen und eine Fotogeschichte fertigen. Das Thema diesmal: Macht.

Die diesjährigen Oberhausener Kurzfilmtage (22.-29.4.) haben eine große dffb-Retrospektive im Programm. Siehe auch Kurzmeldungsspalte.