Namibia

■ Betr.: "Hasard-Spiel", taz vom 11.4.89/"Die Swapo bastelt an ihrem Mythos", taz vom 13./14.4.89

betr.: „Hasard-Spiel“,

taz vom 11.4.89

SA-Besatzungstruppen und SWA-Hilfstruppen haben fast 300 nambische Guerilleros (zu Fuß, auf Eselskarren, aber mit AK 47s) und Zivilisten (unbewaffnet) niedergemetzelt, obwohl die Toten sie nicht angegriffen und auf dem Land, auf dem sie fielen, mehr Heimatrecht hatten als die Angreifer. (Beweis für die Friedlichkeit der Ermordeten: die niedrige Zahl der Toten bei den Regierungstruppen.)

Die deutsche Presse zeigte sich unbeeindruckt durch dieses Leiden. Tagesschau und heute berichteten gewöhnlich kurz vor der Wettervorhersage. Die taz lieferte brauchbare Berichte von Hans Brandt, aber untragbare Pedersen- und Rathfelder-Texte.

Michael Fischer bewertet das Geschehen allein nach realpolitischen Kriterien, reagiert nicht mit Betroffenheit und moralischer Feinfühligkeit. Nach den Spielregeln der Staatsmannskunst, das heißt der professionellen Herrschaft des Menschen über den Menschen, kann man der Exil-Swapo und Sam Nujoma in diesem Fall wahrscheinlich Fehler nachweisen. Aber Verbrechen hat sie keine begangen. Die kommen von den Herrschenden. (...) Wenn die Kritik an der antikolonialen Front die Kritik des Kolonialismus in den Hintergrund drängt - und das geschieht bei Michael leider -, landen wir auf der verkehrten Seite.

Michael schätzt die Rolle der antikolonialen Opposition im südlichen Afrika beim Kampf für die Unabhängigkeit als gering ein. Es sind aber die Township-Revolten in Südafrika und Namibia, die militärischen Auseinandersetzungen insbesondere vor Cuito Cuanavale, dem Stalingrad der SA und die Sanktionskampagnen der Exilorganistionen, die die Bothas zu der Einsicht gebracht haben, daß Namibias Abhängigkeit für sie teurer ist als die Unabhängigkeit.

Da Michael die interne Opposition nicht sieht oder sehen will, muß er die Verdienstorden für die kommende Unabhängigkeit Reagan/Bush und Gorbi umhängen. Das haben vor allen Dingen die Westler nicht verdient, weil sie einiges getan haben und noch tun, um Apartheid ökonomisch-politisch zu stützen, allenfalls zu modernisieren. (...)

H.Junge, L.Sasman, Hamburg

betr.: „Die Swapo bastelt an ihrem Mythos“,

taz vom 13./14.4.89

Die Swapo lehnt den Artikel von Knud Pedersen ab. Wir sind der Ansicht, daß der Artikel in Teilen reaktionär ist. Pedersen schlägt in exakt die gleiche Propagandakerbe, in die das südafrikanische Regime schon seit Jahren schlägt.

1. Woher weiß Pedersen denn, daß die Swapo seit 1966 keinen militärischen Stützpunkt innerhalb Namibias hat?

2. Pedersen gibt “...eine verläßliche Quelle“ an, um seine Behauptung zu untermauern, daß die Swapo Präsident Nujoma, „2.000 Swapo-Kämpfer“ nach Namibia geschickt habe. Die Swapo kann nur einen Schluß ziehen: Pedersen muß seine angeblichen Fakten von südafrikanischen Geheimdienstquellen bekommen haben. Oder verfügt die taz über „verläßliche Quellen“ innerhalb der Swapo? Sehr viel beunruhigender für uns ist, daß Pedersen offensichtlich diese Informationen als verläßlich, als integer, als faktisch akzeptiert.

3. Seit Jahren wirft das Regime über seine Propaganda der Swapo vor, „mehr als 2.000 Dissidenten“ inhaftiert zu haben. Dieses lehnt die Swapo nach wie vor ab. Wiederholte Male haben internationale Kirchendelegationen (unter anderem) diese Beschuldigungen überprüft und als falsch befunden. Pedersen dagegen übernimmt Südafrikas Propaganda ohne mit der Wimper zu zucken. Andreas Shipanga, erwiesenermaßen ein langjähriger Kollaborateur des Regimes darf seine Lügen als faktisch in der taz verbreiten. (...)

Swapo of Namibia, Bonn 3

(...) Pedersen läßt nichts unversucht, die Swapo zu diffamieren, indem er der Befreiungsbewegung als Grund für deren Kampf „Machthunger“ unterstellt und sie damit mit den südafrikanischen Menschenjägern in den Sack der Bösen steckt. Die Guten sind für den Autor gerade jene Kräfte, denen nichts daran liegt, die Greueltaten der Rassisten zu unterbinden, das sind zum einen die UN-Truppen, die tatenlos zu- beziehungsweise weggesehen haben wie die Swapo-Einheiten von den Südafrikanern in den letzten Tagen abgeschlachtet worden sind. Zum anderen sind gerade die Namibier für den Autor ehrenwert, welche mit den Südafrikanern die Übergangsregierung mitstellten und damit wegen ihres Opportunismus an allen Greueltaten voll mitverantwortlich sind.

Die Swapo, hinter denen, wie Pedersen richtig feststellt, der Großteil der Bevölkerung steht, hat meiner Meinung nach das Recht, in ihr Land zu kommen wann sie will. Es ist an der Zeit, daß die Mörder aus Südafrika aus Südafrika verduften und das Land denen überlassen, denen es gehört.

Jörg Schick, Alzenau

Die Swapo ist gewiß keine Veranstaltung basisdemokratischer Musterknaben. Auch eine Befreiungsbewegung, die seit fast 30 Jahren für die Unabhängigkeit ihres Landes kämpft, muß sich kritische Fragen gefallen lassen - gerade nach den Ereignissen der vergangenen Wochen. Knut Pedersen aber macht es sich mit seinem vermeintlichen Hintergrundbericht über den „ungestillten Machthunger“ der Swapo-Führung entschieden zu leicht, wenn er weitverbreitete, aber längst widerlegte Behauptungen nachbetet.

Langjähriges Exil eines Teils der Führung führt wohl notgedrungen zu Spannungen innerhalb einer Befreiungsorganisation. Daß aber das von Pedersen behauptete „abgrundtiefe Mißtrauen“ zwischen der internen und der Exil -Swapo blanker Unsinn ist, hat auch der kaum besonderer Swapo-Zugehörgkeit verdächtige Politologe Franz Ansprenger festgestellt. Es gibt nicht zwei unterschiedliche Lager, sondern es ist „ein und dieselbe“ Swapo in Namibia und im Exil, schreibt er.

Derselbe Afrika-Wissenschaftler hat auch die laut Pedersen so demokratisch-sympathische Swapo-D des Andreas Shipanga als Ein-Mann-Unternehmen charakterisiert. „Mangels Alternative“ habe sich Shipanga an der von Südafrika eingesetzten Marionettenregierung in Windhoek beteiligt, meint Pedersen. Für schwarze Namibier, die auf ein Zipfelchen (geliehener) Macht und materielles Wohlergehen nicht verzichten wollten, gab's in den vergangenen Jahren freilich wirklich keine Alternative zur Kollaboration mit Südafrika.

Die Swapo ist tatsächlich mehr als „die populärste der 42 Parteien“ in Namibia. Sie ist die nationale Befreiungsbewegung - auch ohne befreite Gebiete. Allerdings war sie entgegen Pedersens Behauptung durchaus in den vergangenen Jahren in Namibia militärisch präsent, auch wenn ihr Schwerpunkt auf dem Parkett der internationalen Politik lag. Daß die überwältigende Mehrheit der Menschen in Namibia die Swapo unterstützt, hat nichts mit der unterstellten Blödheit der Leute in einem Land zu tun, „in dem die Bildungsvoraussetzungen für ein demokratisches Bewußtsein weitgehend fehlen“. Die NamibierInnen wissen vielmehr sehr genau, daß die Swapo die einzige politische Organisation ist, die zu keiner Zeit mit den Südafrikanern kollaborierte, sondern den bewaffneten Kampf gegen die verhaßten Buren führte.

Heike Becker, Mainz