■ Bremer Schriftsteller passiv gegenüber IG Medien-Gründung

„Das ist doch die letzte Sauerei!“ entfuhr es Inge Buck, sonst eigentlich ein Anhängerin des vorsichtigen Sprachgebrauchs. Ob sie denn keine Einladung zur Vereinigung auch ihres Verbandes, dem der Schrifsteller (VS), mit den Gewerkschaften der Drucker, der Künstler, der in Rundfunk -und Fernsehen Tätigen zum Bremer Ortsverband der IG Medien am Sonntag bekommen hätte, hatte ich wissen wollen. Inge Buck, Theaterwissenschaftlerin, Hochschullehrerin, Lyrikerin war bis 1987 Vorsitzende der Bremer Ortsgruppe des VS gewesen, einem Teil des Landesbezirks Niedersachsen. Von der Vereinigung ihres Verbandes mit der mächtigen IG-Druck erfuhr sie durch diesen Anruf.

War Frau Buck vielleicht nur ein bißchen zerstreut? Anruf bei der Bremer Autorin Constanze Radziwill, einem der aktiven unter den 50 Bremer VS-Mitgliedern, hatte sie eine Einladung bekommen? Nein, auch nicht. „Das ist ja 'n Hammer!“ fand sie auch.

So erklärt sich, wieso der Bremer VS bei der Taufveranstaltung der IG Medien nur vertreten war in Gestalt eines einsamen Funktionärs, Thomas Frey, Kulturreferent beim DGB-Kreisverband. Anwesenheitslisten aller Gewerkschaften lagen aus, stattlich lang für die Drucker, aber ein paar Leute hatten auch auf den Listen der kleinen Mediengewerkschaften unterschrieben, nur für den VS lag nicht mal ein Zettel aus. Den einen Anwesenden, Thomas Frey, konnte man sich ja

auch so merken. Taz-befragt, wußte der weder von Austritten noch von Problemen der Bremer Mitgliedschaft mit der Art des Zusammenschlusses, der auf Bundesebene und im Berliner Landesverbands zu so vielen Austritten (u.a. von Günter Grass und Anna Jonas) geführt hatte.

Nein, im Unterschied zu Niedersachsen, wo die Mitglieder Gröhe, Hoffmann und Reimann aus Protest ausgetreten sind, gibt es in Bremen keine Austritte. Es gibt aber auch keine Diskussion und Auseinandersetzung, es gab auch nach dem Stuttgarter Knatsch-Verbandstag keine Bremer VS-Sitzung, obwohl Mitglieder das wollten. „Ich bin da mittlerweise bei achselzuckender Resignation angelangt“, beschreibt Konstanze Radziwill ihre Gemütslage dem Verband gegenüber. Ausgetreten ist sie aber nicht, der sozialpolitischen Errungenschaften wegen. Und: Ein minimaler Zusammenhang „ist wichtig, gerade wenn Du nicht zu den Stars gehörst“.

Genau wie Günter Demin, Feature-Redakteur bei Radio Bremen. Er hatte bis 1988 mit wachsender Skepsis die sich IG-Medien -Geburt beim Bezirksvorstand der IG Druck verfolgt. Die kleineren Verbände finden bei der mächtigen IG Druck keine Berücksichtigung ihrer Interessen, hatte er festgestellt. Und auch, daß es jenseits der Hoffnung auf die Aufhebung gewerkschaftlicher Zersplitterung gegenüber dem Unternehmerzusammenschluß nur ödes Tagesgeschäft

und keinerlei Zukunftsper spektiven gab. Er gab den dauerfrustenden Verbindungsjob auf. Als sein Nachfolger wurde, einstimmig, Thomas Frey gewählt, dem Konstanze Radziwill noch die Warung vor einem stromlinienförmigen Anschluß als Aufgabe ins Protokoll schreiben ließ.

Das Problem ist: der Resignationsvirus geht schon viel länger um. Nachdem Inge Buck 1987 nicht wieder für den Vorstand kandidierte, wollte zunächst einmal niemand recht anderes kandieren. „Du schreibst zwei Jahre kein Buch mehr und hinterher stehst du da wie ein Pathologe“, beschreibt Radziwill die Perspektive. Die war nicht nur definiert durch den imperialen Druck der Drucker auf die neue Verbandsgründung, sondern durch die zähe und oft verkappte Seilschafterei des durch Bernt Engelmann repräsentierten DKP -Flügels. Welcher mit Volker Erhardt (jetzt Pressesprecher der IG-Medien) auch den Vorsitzenden des Landesbezirks Niedersachsen stellt. In der Bremer Ortsgruppe übernahm nach Buck ein Team den Vorstand, in dem Edith Laudowicz-Frey das missing link zum Durchregieren des niedersächsischen DKP -Matadors darstellt. Ihr Mann, wie sie nicht Schriftsteller, wurde als Nachfolger Demins IG-Medien-Kontaktmann. Nicht die Verschwörung regiert, sondern der längere Atem derer, die bei der Arbeit im Apparat nicht Zeit zum Schreiben verlieren, sondern Lust zu gewinnen haben.

Uta Stolle