: Patriotische BI
■ Leichter Anflug von Selbstkritik auf dem CDU-Parteitag / Kritik an der Koalition wegen Deutschlandpolitik und Verhältnis zur Gewalt / Christen sollen sozialer werden
Eins würde Eberhard Diepgen, Landesvorsitzender der CDU, heute auf jeden Fall anders machen, wenn die Wahlen noch einmal vor der Tür stünden: Wahltermin und -kampf würde er anders gestalten, erklärte er gestern auf dem ersten Landesparteitag der CDU nach der Wahlniederlage. Er versuchte, sich und den Seinen Mut zu machen, indem eingangs unter Beifall sagte, daß der 29. Januar „kein Tag der fortwährenden Resignation werden“ dürfe. Offensichtlich habe man mit den Vorstellungen von „Leistungsorientiertheit, Wirtschaft und sozialpolitischer Innovation“ viele überfordert und anderes nicht rechtzeitig durchgesetzt. Doch Fehler einzusehen, meinte der Oppositionspolitiker, zeuge eher von Stärke als von Schwähe einer Partei. Das Parteivolk dankte diesen nicht im Redemanuskript vorhandenen Anflug von Selbstkritik mit Applaus.
Den längeren Teil seiner Rede widmete Diepgen aber dem „Senat Momper/Ströbele“. Dem warf er vor, daß am Anfang der Wortbruch stand und zählte deren für ihn schlimmsten Sünden seit Regierungsantritt auf. Der Umgang mit der Besetzung des Arbeitsschutzmuseums - „ich kann nur sagen, schlimm!“ -, mit den Besetzern des Amtszimmers des Regierenden deuten für ihn daraufhin, „wie unsicher Herr Momper mit dem Begriff der Gewalt ist“. Als er von der Besetzung seines ehemaligen Arbeitszimmers redet, wird Diepgen emotional: Richtig wehgetan habe ihm, „daß Chaoten in ein Amtszimmer eindringen, in dem man lange Zeit gearbeitet hat“. Ein Regierender Bürgermeister, der dies zulasse, sei „seines Amtes nicht wert“.
Klare Worte verliest der CDU-Mann bei der Deutschlandpolitik der Koalition. Er forderte die SPD explizit auf, sich deutlicher zu erklären. Berlin bleibe „die einzig denkbare Hauptstadt aller Deutschen“ und habe eine besondere Aufgabe zu erfüllen, Verteidigungsbereitschaft im westlichen Bündnis sei lebenswichtig, gerade für diese Stadt.
Diepgen sieht auch seine „Metropole Berlin“ gefährdet. Provinzialismus bei der Koalition machte er zum Beispiel an deren Widerstand gegen die Akademie der Wissenschaften und dem Deutschen Historischen Museum aus. So nehme man in Kauf, wie „aus unserem Teil der Stadt eine alternative Spielwiese und ein beschaulicher Vorort Ost-Berlins“ werde. Begeistert reagierten die Delegierten, als er an Mompers Idee von Berlin als Berliner Zimmer bemängelte, daß dieses Zimmer schließlich „Durchgangszimmer in den Seitenflügel mit schlechter Beleuchtung“ sei und darauf könne man schließlich verzichten. Bei Redaktionsschluß dauerte der Parteitag noch an.
RiHe
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