Kein Schlupfloch für die Regierung

■ Das Kartellamt steht in Fundamentalopposition zur Großfusion Daimler/MBB

KOMMENTARE

Peinlich, peinlich. Da hatte noch vor Wochenfrist der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige EG-Kommissar Bangemann in eigener Amtsanmaßung und völliger Verkennung der Aufgaben des Kartellamtes den Wettbewerbshütern Vorschriften machen wollen. Das Berliner Amt möge in Sachen Daimler/MBB doch bitteschön die Wettbewerbsgesichtspunkte nicht gar so wichtig nehmen und dafür nach volkswirtschaftlichen Opportunitäten entscheiden - sprich: große deutsche Mammutkonzerne dulden, die den Unbilden des Weltmarkts gewachsen sind. Damit sollte auf recht plumpe Art dem jetzigen Wirtschaftsminister argumentativ auf die Sprünge geholfen werden für sein Ja zur Großfusion. Der Minister darf schließlich das volkswirtschaftlichen Allgemeinwohl voranstellen und den Wettbewerb einen guten Mann sein lassen. Er ist nicht die höhere Instanz des Kartellamtes, sondern ist offiziell ganz anderen Kriterien unterworfen. Deshalb konnten in der Vergangenheit auch alle Beteiligten ihr Gesicht wahren, wenn das Amt Fusionen verbot und Bonn im nachhinein äußerst fragwürdige Unternehmenszusammenschlüsse gestattete.

Womit von den Beteiligten offenbar niemand gerechnet hatte: Das Kartellamt hat diesmal sehr wohl volkswirtschaftliche Belange bedacht, diesbezüglich aber nur Nachteile in der Fusion entdecken können: Weder bei der Rüstungsproduktion noch bei der Airbus-Fertigung stünde die bundesdeutsche Volkswirtschaft nach einer Fusion von Daimler und MBB international besser da als vorher. Das Kartellamt hat also im vorhinein jene Maßstäbe, die Wirtschaftsminister Haussmann als Verantwortlicher fürs Große und Ganze jetzt erst auspacken wollte, bereits angelegt und in dem ganzen Unternehmen Elefantenhochzeit keinen Sinn ausmachen können.

Das Kartellamt hat der Regierung diesmal also kein Schlupfloch gelassen. Sollte die Bundesregierung wie erwartet dennoch die Ministererlaubnis erteilen, so könnte Kartellamtspräsident Kartte eigentlich nur noch seinen Hut nehmen. Sein Amt wäre zumindest unter dieser Regierung überflüssig. Das wenigstens hätte dieser grundsätzliche Fall erwiesen.

Nett ist es aber doch, immer wieder zu beobachten, wie die Bundesregierung ein ums andere Mal dabei ist, ihre eigenen Wahlkatastrophen auch für die Zukunft sicherzustellen. Im Falle MBB-Daimler kann sie sich schließlich nicht einmal auf argumentative Schützenhilfe aus den konservativen Zeitungen verlassen. So schreibt das Handelsblatt in diesem Zusammenhang: „Was marktwirtschaftliche Ordnung ist, weiß in der Bundesrepublik im Jahre 1989 ohnehin niemand mehr.“ Außerhalb der Bundesregierung gibt es eben niemand, der sich traut, so etwas allen Ernstes gutzuheißen.

Ulli Kulke