piwik no script img

"In den ersten Maitagen des Jahres 1929 kam es in Berlin..."

In den ersten Maitagen des Jahres 1929 kam es in Berlin, vornehmlich in der Gegend um den Hermannplatz und in der Kösliner Straße im Wedding, zu den blutigsten Straßenkämpfen seit dem März 1919. Anläßlich des 40.Jahrestages der Mai -Feiern (als Feiertag wurde der 1.Mai erst von den Nazis eingeführt) rief die KPD zu den bis dahin üblichen Demonstrationen im Freien auf, bewußt das Demonstrationsverbot des Berliner Polizeipräsidenten Karl Zörgiebel (SPD) mißachtend. Zörgiebel hatte das Versammlungsverbot bereits am 13.Dezember 1928 erlassen und begründete dies mit sich mehrenden gewaltsamen Zusammenstößen, vornehmlich zwischen dem Roten Frontkämpferbund und der SA. Bereits Wochen vor dem 1.Mai malten der Polizeipräsident und sozialdemokratische Zeitungen das Zerrbild von dem bevorstehenden kommunistischen Umsturzversuch, dem die Staatsgewalt massiv entgegentreten müsse. Von der drohenden Revolution konnte freilich keine Rede sein, dazu war die KPD allein organisatorisch nicht in der Lage. Bei den Wahlen 1928 und den Betriebsratswahlen 1929 hatte sie Stimmen gewonnen. Dieser Sympathiegewinn war das eigentlich Bedrohliche für die SPD, deren Polizeipräsident „ein rotes Kommunistenfähnchen mehr als die stolz wehenden Vereinsbanner sämtlicher Berliner Spitzbuben“ beängstigte, wie Carl von Ossietzky in der 'Weltbühne‘ schrieb. Am 14.Mai kam er zu dem Schluß, „daß der Herr Polizeipräsident schleunigst von seinem Posten zu verschwinden hat...“ Zörgiebel trat trotz der katastrophalen Polizeitaktik nicht zurück. Die Feindschaft zwischen SPD und KPD verschärfte sich durch die Ereignisse im sogenannten „Blutmai“ und erleichterte die nationalsozialistische Machtergreifung.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen