Das erste Jahr mit BLZ 500 901 00

Öko-Bank feiert die explosionsartige Zunahme des Geschäfts: 30.000 Konten und 50 Millionen bewegte Mark  ■  Von Bernd Siegler

Die Sektkorken haben Grund zum Knallen in der Bornheimer Landstraße in Frankfurt, schräg gegenüber dem „Esoterischen Eck“. Die „Turnschuh-Banker“, die diese Bezeichnung schon längst nicht mehr hören können, feiern den ersten Geburtstag der Öko-Bank. Die Genossenschaftsbank, angetreten, einen anderen Umgang mit dem Geld zu versuchen, wähnt sich im Erfolg. 16.000 Mitglieder zählt die Genossenschaft bereits, auf knapp 30.000 Konten wurden stolze 50 Millionen Mark bewegt. Die Räumlichkeiten in Frankfurt drohen nach dem ersten Geschäftsjahr aus allen Nähten zu platzen, und der Tresorraum, in dem maximal 600.000 Mark lagern dürfen, ist oft der einzige ruhige Raum im Reich der Öko-Bank.

Eine derart rasante Entwicklung hätten sich die Gründungsväter und -mütter nicht träumen lassen, als sie im März 1984 den „Verein der Freunde und Förderer der Öko-Bank“ aus der Taufe hoben. Entstanden ist die Idee einer alternativen Bank im Umkreis der Friedensbewegung aus einem Boykottaufruf gegen Geldinstitute mit eindeutigen Verbindungen ins Rüstungs- und Süd-Afrika-Geschäft. Bei genauerem Betrachten der Verflechtungen bundesdeutscher Banken mit Kernkraft, Waffen und Apartheid blieb für den „vernünftigen Umgang mit Geld“ nur noch eine Wahl - die Neugründung einer Bank.

Schnell fand die Idee begeisterte MitstreiterInnen. Die für die Gründung notwendigen 12.000 GenossInnen, die 7,5 Millionen Mark Stammkapital auf einem Treuhänderkonto gesammelt hatten, waren leichter zu finden als die Hürden des Gesetzes über das Kreditwesen und des Genossenschaftsgesetzes zu überwinden. Zäh zogen sich die Verhandlungen mit dem zuständigen Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen und dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken hin.

Insbesondere die alteingesessenen Genossenschaften hatten ihre Probleme mit den alternativen Kollegen. Um dem Bundesaufsichtsamt die notwendige Genehmigung zu erleichtern, gingen die Ökobänker gar Selbstbeschränkungen ein, die in der Folgezeit ihren KritkerInnen reichlich Munition geben sollten. 90 Prozent des Kreditvolumens sollten demnach ausschließlich an Bewerber aus dem Großraum Frankfurt fließen. Nur absolut wasserdichte Projekte sollten vom sogenannten Frankfurter Beirat den Ökobank-Stempel „kreditförderungswürdig“ bekommen.

Nach vier Jahren Vorlaufzeit war es schließlich soweit: am 2. Mai 1988 öffnete die Alternativbank ihre Schalter in Frankfurt. „Besser Marks für Karl als Kohle für Helmut“, dichteten die Werbetexter. Schon bis Jahresende stieg die Bilanzsumme auf 35,5 Millionen Mark, das Eigenkapital auf 8,8 Millionen und die MitarbeiterInnenzahl auf zwölf. Inzwischen ist die Bilanzsumme auf etwa 40 Millionen und das Eigenkapital auf rund zehn Millionen Mark angewachsen.

Das Angebot der Bank wuchs ebenfalls. Neben den „banküblichen Leistungen“ wie Sparkonto, Sparbrief, Ratensparvertrag, Festgeld und Wachstumszertifikat bilden die „Ökobank-Fonds-Sparbriefe“ das Herzstück des „anderen Umgangs mit dem Geld“. Nach dem Motto „Sie bestimmen, was wir mit Ihrem Geld machen“ können Ökobank-Kunden von 500 Mark aufwärts ihr Kapital mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren zu einem vereinbarten Zinssatz in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen anlegen. Derzeit sind das die Sparten Bildung, Frauen, psychisch Kranke, Selbstverwaltung und Umwelt.

Die AnlegerInnen können und sollen mit der Ökobank einen geringeren Zinssatz als den üblichen vereinbaren. Diese Gelder wandern dann in einen Pool, der jährlich an alle Förderkreditnehmer ausgeschüttet wird. Damit werden besonders günstige Kredite an förderungswürdige Projekte ermöglicht. Zusätzlich zu diesem Angebot gibt es einen „Projekt-Sparbrief“, der für die Finanzierung einzelner Projekte, die einen Finanzbedarf von mehr als 100.000 Mark haben, eingerichtet ist. Erstes und bislang einziges Projekt in dieser Sparte ist der von Umwelt- und Naturschützern gegründete „Verkehrsclub der Bundesrepublik Deutschland“ (VCD), der „einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik zum Durchbruch verhelfen“ (Eigenwerbung) will.

Da nicht alles Gold ist, was glänzt, bauen die Turnschuhbanker bereits vor. Ökobank-Pressesprecher Torsten Martin beansprucht für das Geldhaus eine Schonzeit von bis zu drei Jahren, um sich stabilisieren. Erst dann könne überprüft werden, ob sich das Projekt politisch und wirtschaftlich gelohnt und den Ansprüchen Rechnung getragen habe. Das Thema der Diskussionsveranstaltung zum ersten Geburtstag ist denn auch vieldeutig: Mythos Geld und Mühen des Alltags.