piwik no script img

Aufgreifschwelle sinkt

Bonn lenkt ein, London bleibt weiter hart / Haussmann: Daimler/MBB hat keine „wirklich europäische Dimension“  ■  Mit der Fusion auf Du und Du

Brüssel (afp/taz) - In der kontroversen Diskussion über die künftige EG-Fusionskontrolle ist offenbar ein erster Durchbruch erzielt worden. Wie der Staatssekretär im Finanzministerium Otto Schlecht am Mittwoch mitteilte, haben sich die Positionen der Mitglieddsstaaten weitgehend angenähert, was eine der sogenannten Aufgreifschwellen betrifft.

Bislang hatte sich die Bundesregierung heftig dagegen zur Wehr gesetzt, daß die EG-Kommission in Brüssel schon zuständig für die kartellrechtliche Kontrolle eines Firmenzusammenschlusses wird, wenn der gemeinsame Weltumsatz der beteiligten Unternehmen 5 Milliarden ECU, rund zehn Milliarden Mark, überschreitet. Die Bundesregierung wollte eine Aufgreifschwelle von zehn Milliarden ECU, rund 20 Milliarden Mark, um möglichst viele Fusionen und Aufkäufe selbst kontrollieren zu können.

Wirtschaftsminister Haussmann gab zudem bekannt, daß nationale Großfusionen wie etwa zwischen Daimler und MBB weiter in die Zuständigkeit nationaler Kartellbehörden fallen sollen, weil es sich dabei nicht um eine grenzüberschreitende Fusion „wirklich europäischer Dimension“ handle.

Die Zustimmung Bonns zur gesenkten Aufgreifschwelle ist aber an eine wichtige Bedingung geknüpft: Die Kommission müsse sich bei ihren Kartellentscheidungen ausschließlich am Wettbewerbsprinzip orientieren und dürfe keine Industriepolitik betreiben. Widerstand kommt auch noch aus Großbritannien, in dem die meisten der zukünftig von Brüssel zu genehmigenden Fusionen stattfinden. Die Zahl dürfte sich bei der Aufgreifschwelle von zehn Milliarden Mark auf etwa 50 bis 60 Fälle belaufen. Die Schwelle soll, ohne daß dafür ein Zeitplan verabredet werden konnte, später auf die Hälfte gesenkt werden.

Ein EG-europäisches Kartellamt ist nach Einschätzung Schlechts auf kurze Zeit nicht möglich, weil dazu die Europäischen Verträge geändert müßten. Einstweilen sollte nach der Faustregel verfahren werden, daß bundesdeutsche Fusionen auf Bundesebene und europäische auf EG-Ebene überprüft werden.

diba

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen