Nur ein Deutscher für Aussiedler

Vertriebenenverband: Polnischer Anwalt soll keine Aussiedler betreuen  ■  Aus Göttingen Reimar Paul

„Deutschen Aussiedlern“ sei nicht zuzumuten, „hier in Deutschland in einer Behörde bei ihrer Eingliederung von einem polnischen Staatsbürger beraten und betreut zu werden.“ Dieser Auffassung ist jedenfalls die Landsmannschaft der Oberschlesier. In mehreren Briefen hat der Vertriebenen-Verband jetzt den Göttinger Oberstadtdirektor Schierwarter (SPD) aufgefordert, das Arbeitsverhältnis zwischen der Stadt und dem polnischen Rechtsanwalt S. zu beenden und „diesen Arbeitsplatz mit einem geeigneten deutschen Mitarbeiter zu ersetzen.“

Der 61jährige S. lebt seit Oktober 1985 in der Bundesrepublik. Als anerkannter und arbeitsberechtigter Asylbewerber betreut er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im städtischen Sozialamt Aussiedler und Flüchtlinge. Ende Januar kandidierte er für die Wahl zum Ausländerbeirat, der kommunalen Interessenvertretung für die in Göttingen lebenden AusländerInnen.

Das macht S. für Regina Henne, Vorsitzende der Göttinger Kreisgruppe der Oberschlesier, besonders unannehmbar: „Eine Tätigkeit in dieser Eigenschaft läßt sich doch wohl nicht gut mit der Betreuung von Aussiedlern vereinbaren, die die deutschen Ostgebiete gerade deshalb verlassen haben, um den polnischen Machthabern zu entgehen.“ Weiterhin behauptet Frau Henne, S. arbeite als Spitzel für den östlichen Geheimdienst.

Die „Landesbeauftragte für Aussiedlerfragen“ der Landsmannschaft, Annemarie Krause, will sogar von Fällen wissen, „in denen Aussiedler nur mit schwersten Bedenken den Gang zum Vertriebenenamt gegangen sind, seitdem sie von der Tätigkeit des Herrn S. erfahren haben.“

Während der Betroffene gegenüber der taz keine Erklärung abgeben mochte, stellte sich die Stadtverwaltung hinter ihren Mitarbeiter, „an dessen Arbeitsleistung es absolut nichts auszusetzen gibt.“ „Keinesfalls“ werde man S. versetzen.%%