RAF-Angebot: CDU-Beton

RAF-Hungerstreikende waren zu weitgehenden Zugeständnissen bereit / Totale CDU-Blockade / Bei Einlenken der CDU: „Nie wieder ein Hungerstreik“  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Selbst weitreichende Zugeständnisse der Gefangenen aus der RAF haben die Blockade der CDU/CSU-Länder nicht durchbrechen können. Die Anwälte der Hungerstreikenden erklärten gestern bei einer Pressekonferenz in Bonn, die Gefangenen wären sogar bereit gewesen, ihren Hungerstreik ohne Ergebnisse abzubrechen, wenn staatliche Stellen die spätere Umsetzung ihrer Forderungen versprochen hätten. Dabei hätten sie eine „großzügige zeitliche Komponente“ zugestanden, erklärte der Anwalt von Helmut Pohl, Johannes Pausch. Der Anwalt äußerte sich auch über die Einzelheiten der gescheiterten Verhandlungen mit dem Bonner Staatssekretär Klaus Kinkel.

Der in Schwalmstadt einsitzende Gefangene habe am 28. April dem Staatssekretär in einem Gespräch ein Kompromißangebot mit vier Forderungen unterbreitet. Danach sollten die SPD -Länder Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin ihr Angebot der Kleingruppen-Zusammenlegung umsetzen und das CDU-regierte Niedersachsen sich ebenfalls zur Aufstockung seiner vorhandenen Kleinstgruppe in Celle bereitfinden. Die CDU-Länder Bayern, Hessen und Baden-Württemberg sollten sich zur „Abgabe“ von Gefangenen in diese Bundesländer bereit erklären.

Werde dies unter Zeugen zugesagt, so habe Pohl zugesichert, werde der Hungerstreik abgebrochen. Ein konkreter Zeitraum zur Umsetzung der Zusammenlegung sei nicht genannt worden; die Gefangenen wären mit etwa drei Monaten, aber auch mit einem längeren Zeitraum einverstanden gewesen. Pohl habe außerdem versprochen, nach einer Einlösung dieser Forderungen werde es nie wieder einen Hungerstreik geben.

Die Maximalforderung von zwei großen Gruppen sei aufgegeben worden, sagte Johannes Pausch, weil daran „nicht festzuhalten ist und nicht festgehalten wird“. Über die Größe der vier Gruppen sei nicht Fortsetzung auf Seite 2

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gesprochen worden; auch dies sei „Verhandlungsache“ gewesen. Kinkel habe auf Grundlage des Vorschlags eine Vielzahl von Gesprächen geführt, aber bei einem erneuten Gespräch mit Pohl am 9.Mai erklärt, seine Bemühungen seien „ohne jeden Erfolg geblieben“. Die CDU-Länder wären nicht bereit gewesen, ihren Beitrag zu leisten, habe Kinkel mitgeteilt.

Gegenwärtig befänden sich die Gefangenen in einem „Abklärungsprozeß“ über ihr weiteres Vorgehen, der sich möglicherweise bis Pfingsten hinziehen werde, sagte Pausch und warnte zugleich: „Viel Zeit bleibt nicht.“ Gestern befanden sich Rolf Heissler und Gabiele Rollnick den 72.Tag im Hungerstreik.

Auf die Frage, ob es die Gefangenen begrüßen würden, wenn die SPD-Länder eine einseitige Zusammenlegung in Kleingruppen realisier

ten, erklärte Pausch: „In der jetzigen Situation ja.“ Auch die Forderung der SPD, daß der Hungerstreik zuvor abgebrochen werden müsse, sei Verhandlungsgrundlage. Bei der Unterbrechung des Hungerstreiks von Christa Eckes und Karl -Heinz Dellwo am 14.April war eine solche Kleingruppen -Zusammenlegung noch als unannehmbar abgelehnt worden, weil sie nur einen Teil der Gefangenen einbezogen hätte.

Die Fraktionssprecherin der Bonner Grünen, Antje Vollmer, erklärte, noch vor Monaten hätte niemand die konkrete Chance gesehen, daß es „nie wieder einen Hungerstreik geben soll“. Die SPD-Länder müßten jetzt umgehend die Zusammenlegung ihrer Gefangenen vollziehen, „damit auch öffentlich deutlich wird, wer zur Deeskalation bereit ist, und wer einer hoffnungsvollen Lösung im Wege steht“.

Berlin (taz) - Sympathisanten der Hungerstreikenden Gefangenen aus der RAF und der „Action directe“ haben gestern in Brüssel die „Direc

tion Generale III“ der europäischen Kommission für industrielle Entwicklung besetzt. Die Gruppen aus den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz und der Bundesrepublik forderten auf mehrsprachigen Transparenten die Zusammenlegung der Hungerstreikenden. Weiterhin verlangten sie, daß der Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte im Europaparlament, ein Mitglied des Politischen Ausschusses und die Abgeordneten der Regenbogenfraktion mit ihnen verhandeln sollten. Die BesetzerInnen wollen erreichen, daß die Brüsseler Funktionsträger direkt für die Forderungen der Hungerstreikenden in der Bundesrepublik und in Frankreich intervenieren. Nach fünf Stunden wurden die Räume von der belgischen Polizei geräumt.