Lange Dünne und kurze Dicke

Halbfinale im DFB-Pokal: Leverkusen-Werder Bremen 1:2 / Finale am 24. Juni in Berlin: Bremen-Dortmund  ■  Aus Leverkusen G. Nowakowski

Man wünscht sich immer eine lange Dünne und bekommt eine kurze Dicke, sagte einst Kurt Tucholsky. Er sprach von Frauen; das mag angehen. Beim Fußball ist das anders. Wer will schon die dünne Fußballsuppe, auf neunzig lange Minuten kann man in solchem Fall verzichten. Nein, man wünscht sich etwas kurzes Dickes wie Dortmund gegen Stuttgart, kräftige Kost mit dicker Einlage. Aber: an Tucholsky kommt keiner vorbei, Leverkusens Stürmer erst recht nicht.

Bayer legt zwar los wie die Betriebs-Feuerwehr beim Chemiekalienbrand, aber mehr als den festen Willen, die Ärmel aufzukrempeln und anzupacken, haben sie leider nicht anzubieten. Die Bremer lassen es langsam angehen und tragen ein gut Teil am ziellosen Gesense im Mittelraum bei. Den Druck macht Leverkusen, die Bremer bleiben blaß. Die 16.000 Zuschauer sehen es mit Freude. Bis zur 21. Minute: Nach einem Ballverlust von Bayer-Stürmer Lesniak, der sich später im Vergeben von drei fetten Chancen auszeichnen wird, sind die Bremer nach Doppelpaß plötzlich vor dem Bayer-Tor. Doppelpaß mit Ordenewitz und Bratseth darf über Vollborn einschießen. Das war die Miete für die erste Halbzeit.

Danach ist viel Gestolpere angesagt; aus Bremer Sicht hieß das in der neudeutschen Fußballsprache: „clever“ gespielt. Mit dieser Mannschaft können die eben nicht besser spielen, meint ein Pressekollege in der Pause gnädig über die Leverkusener; man wundert sich. Vor einem Jahr haben die immerhin den UEFA-Pokal gewonnen.

Hochzufrieden über seine Mannen äußert sich Bremens Trainer Rehhagel nach der ersten Halbzeit. Das hätte er seinen Jungens nicht sagen sollen, denn die tun nun gar nichts mehr. Leverkusen spielt plötzlich allein, und Angriff auf Angriff brandet gegen die hinter dem Bremer Tor liegende Baugrube für die neue Stadiontribüne. In der 55. Minute wieselt sich Bum Kun Cha auf der rechten Seite durch die Bremer Beine, und Andrzej Buncol haut den Paß zum Ausgleichstreffer in die Maschen.

Die Bremer werden nervöser, doch daß die Leverkusener nicht in Führung gehen, haben sie sich selbst zuzuschreiben: Chancen gibt es reichlich, doch vor dem Tor ist Schluß. Die Zeit läuft, die Partie wird ruppig. Beide Mannschaften treffen den Gegner häufiger als den Ball, und als der Beobachter schon mit Sorge an eine lange, dünne Verlängerung denkt, schießen die Bremer in der 88. Minute ein Tor. Wieder war es Ordenewitz, der die Übersicht behält, zu Dieter Eilts köpft, und der macht bumm.

Da stellen die Bayer-Fans die Gesänge von der Fahrt nach Berlin ein und trollen sich. Und als der Beobachter an der neben dem Stadion vorbeifließenden Kloake namens Dhünn vorbeifährt, denkt er, Tucholsky hat eben doch recht.

LEVERKUSEN: Vollborn - Hörster - Rolff, Alois Reinhardt Cha, de Keyser, Schreier, Buncol, Hinterberger (88. Feinbier) - Waas, Lesniak (88. Kastl)

BREMEN: Reck - Bratseth - Otten, Borowka - Wolter, Eilts, Votava, Neubarth, Hermann - Riedle, Ordenewitz.