Panamas Wahlen annulliert

■ Fünf Tote bei Demonstrationen gegen Wahlbetrug / Präsidentschaftskandidat der Opposition verletzt im Krankenhaus zusammengeschlagen / Sein Vize entführt

Panama (ap/afp/dpa/wps/taz) Die Regierung von Panama hat die Wahlen vom Sonntag - die sie offenbar verloren hat - für ungültig erklärt. Nachdem die Vorsitzende des panamaischen Wahlgerichts, Yolanda Pulice, zwei Stunden lang mit Armeechef Manuel Noriega konferiert hatte, erklärte sie in der Nacht zum Donnerstag über Rundfunk und Fernsehen, die Wahlen seien „wegen der ausländischen Einmischung“ in ihrer Gesamtheit annulliert.

Ausländische Beobachter hatten ebenso wie die katholische Kirche bei der Stimmauszählung einen deutlichen Vorsprung der Opposition festgestellt, während die Regierungskoalition ihrerseits den Sieg beanspruchte. Nach der Bekanntgabe der Annullierung strahlte das Fernsehen Filme über die gescheiterte US-Invasion in Kuba 1962, über die gelungene US -Intervention in der Dominikanischen Republik 1965 und über die CIA-Aktivitäten aus, die 1973 zum Sturz der Regierung Allende in Chile führten.

Bei Demonstrationen gegen den massiven Wahlbetrug der Regierung wurden am Mittwoch nach Angaben der Opposition mindestens fünf Menschen getötet. Der Präsidentschaftskandidat der Opposition, Guillermo Endara, wurde von jugendlichen Regierungsanhängern mit Eisenstangen angegriffen und mußte mit einer schweren Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert werden. Einer seiner Leibwächter wurde erschossen. Beide Vizepräsidentschaftskandidaten wurden ebenfalls verletzt, einer von ihnen, Guillermo Ford, wurde danach entführt und wird vermutlich in einer Militärkaserne gefangengehalten.

Die schweren Auseinandersetzungen ereigneten sich gegen Fortsetzung auf Seite 2

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Mittag, als Tausende von Bankangestellten und Verkäufern im Geschäftsviertel Guillermo Endara als

künftigen Präsidenten hochleben ließen. Schwerbewaffnete Militäreinheiten attackierten mehrfach den Demonstrationszug mit Schrotschüssen, Wasserwerfern und Tränengas. Als die Menge nach zwei Stunden einen Platz in der historischen Alstadt erreichte, wurde sie von Sicherheitskräften eine halbe Stunde lang umzingelt. Plötzlich erschienen etwa 200 bewaffnete Regierungsanhänger, die den Polizeikessel von außen durchbrachen und mit Pistolen und Eisenstangen auf die Eingeschlossenen losgingen. Die Angreifer trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Bataillon der Würde“. Stoßtrupps unter diesem Namen wurden im letzten Jahr zusammengestellt, offiziell um einer drohenden US-Invasion zu begegnen, faktisch eher um oppositionelle Versammlungen zu sprengen. Das Fernsehen hatte die Mitglieder der „Bataillons der Würde“ aufgefordert, sich zur Durchführung einer Operation „Souveränität“ bei ihren Mobilisierungsstellen zu melden.

Seit gestern früh sind an strategischen Punkten der Hauptstadt insgesamt über 1.000 Elitesoldaten postiert. In Panama-Stadt kursierten gestern Gerüchte über Revolten in verschiedenen Einheiten der Streitkräfte und über eine Schießerei im Polizeihauptquartier.

Schon am Mittwochabend hatte die Regierung elf ausländische Journalisten - zwei Korrespondenten der französischen Nachrichtenagentur afp, und zwei Mitarbeiter des US-Senders „Voice of America“ und Reporter aus Mexiko, Spanien und Costa Rica - wegen „desinformierender Berichterstattung“ des Landes verwiesen. Den Fernsehjournalisten dürfen nicht mehr über Satelliten Filmbeiträge aussenden. Ihr Material mußte ausgeflogen werden. Telefonleitungen werden elektronisch gestört und periodisch unterbrochen. Telex- und Telefax -Texte müssen erst in spanischer Sprache einer offiziellen Stelle vorgelegt werden. Die oppositionellen Zeitungen und Sender im Land selbst ist

ohnehin geschlossen.

Die US-Behörden evakuierten bereits über hundert Angehörige ihres Botschaftspersonals, erhöhten die Alarmbereitschaft ihrer in der Panamakanalzone stationierten Soldaten und ordneten ihre Umquartierung aus Zivilunterkünften in Militärstützpunkte an. Die US-Regierung hat mit zahlreichen Spitzenpolitikern lateinamerikanischer Staaten Gespräche über die Lage in Panama aufgenommen. Präsident Bush beriet mit dem Nationalen Sicherheitsrat die Lage. Sein Sprecher Marlin Fitzwater wollte keine Angaben darüber machen, wie die USA auf die Ereignisse in Panama reagieren könnten. Doch sagte ein hoher Regierungsbeamter, die US-Streitkräfte seien bereit, jede Aufgabe zu übernehmen, die ihnen befohlen werde. In Washington wurde am Donnerstagabend erwartet, daß Bush eine Verstärkung der US-Truppen von gegenwärtig 10.000 auf 12.500 Soldaten bekanntgeben werde.%%