Der Preis war zu hoch

■ Die Gefangenen aus der RAF haben den Hungerstreik abgebrochen

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Der Preis, den die Gefangenen aus der RAF für das jetzt erzielte Ergebnis ihres Hungerstreiks gezahlt haben, ist bei weitem zu hoch. Zweimal in den vergangenen vierzehn Wochen standen Gefangene an der Grenze zum Tod. Und wenn der nordrhein-westfälische Justizminister Krumsiek den Abbruch des Streiks mit den Worten begrüßt, er sei froh, daß „Einsicht, Vernunft und humanitäre Überlegungen sich durchgesetzt haben“, dann sei daran erinnert, daß Krumsiek einer der Politiker war, die dies unzulässig verzögert haben. Seinen Parteigenossen und Berliner Bürgermeister Momper, der der Vernunft schon vor Wochen zum Durchbruch verhelfen wollte, hatte Krumsiek mit kräftiger Schelte bedacht.

Die Gefangenen in den SPD-regierten Ländern werden in Gruppen zusammenkommen, sie haben erreicht, nach Jahren der Trennung miteinander reden und diskutieren zu können. Der bittere Haken: In den CDU-regierten Bundesländern haben „Einsicht, Vernunft und humanitäre Überlegungen“ noch lange nicht die Oberhand gewonnen. Besonders zynisch daran ist, daß der in Bayern inhaftierte Gefangene Rolf Heißler nach 73 Tagen Hungerstreik erfahren mußte, daß das Ergebnis ihn nicht betreffen wird. Und auch die Aussicht auf Räumung des siebten Stocks in Stammheim ist nicht näher gerückt.

Die Kompromißbereitschaft der Hungerstreikenden ist in den vergangenen Wochen in einem Maß gestiegen, das zu Beginn dieses zehnten Hungerstreiks noch unvorstellbar war. Die Gefangenen waren am 1. Februar mit der eindringlichen Erklärung in den Streik getreten: „Wir lassen jetzt nicht mehr los, bis wir die Zusammenlegung haben.“ Sie mußten hinnehmen, daß die Forderung nach Bildung von ein oder zwei Gruppen nicht durchzusetzen war. Und sie haben hingenommen, daß damit der Hungerstreik als Mittel der Gegenwehr für sie auf lange Sicht vom Tisch ist. Dennoch: Als Ergebnis bleibt auch, daß rechtzeitige „Einsicht und Vernunft“ auf seiten der Gefangenen war. Es wäre fatal gewesen, den Preis noch höher anzusetzen. Daß die Hardliner unter den CDU-Politikern bereit waren, Tote in Kauf zu nehmen, hat seine eigene Sprache gesprochen.

Maria Kniesburges