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Atombombenträger im Hamburger Hafen

Greenpeace protestierte mit Schlauchbooten gegen die Ankunft des britischen Flugzeug- und Atomwaffenträgers „Ark Royal“ im Hamburger Hafen / Das kleine Greenpeace-Boot muß der Gewalt des riesigen Flugzeugträgers weichen  ■  Von der Beluga Ute Scheub

Ein 210 Meter langer grauer Klotz schiebt sich unter grauem Morgenhimmel das graubraune Elbwasser hoch. Der Kapitän des Greenpeace-Schiffes „Beluga“ hat die „Ark Royal“, größter Flugzeugträger der britischen Royal Navy, stromabwärts längst geortet. Sechs Schlauchboote schießen los, die AktivistInnen lassen das gelbe Radioaktivzeichen flattern, und auf dem siebten Boot bläht sich jetzt ein Segel mit einem bedrohlichen schwarzen Atompilz: „Warnung! Atomwaffen an Bord!“

Für Greenpeace ist das häßliche Kriegsschiff, das Kleinflugzeuge und Hubschrauber wie Rieseninsekten auf seinem Rücken trägt, ein unwillkommener und „gefährlicher Geburtstagsgast“ beim 800.Hafenjubiläum. Laut William Arkin vom Washingtoner Institute for Policy Studies hat die „Ark Royal“ mindestens drei bis fünf nukleare Freifallbomben und drei bis fünf atomare Tiefenwasserbomben an Bord. Verglichen mit der Hiroshima-Bombe entspräche das der 80fachen Sprengkraft.

Die Schlauchboote und hintendran die „Beluga“ kreisen das Militärschiff mit seinen phallischen Geschützen ein. Sie wimmeln um seine Schnauze herum, stören und nerven, aber weiter nichts. „Wir sind fair, wir sagen Bescheid, wenn wir weitergehen“, sagt Susanne Kopte, Leiterin der Kampagne für „Atomfreie Meere“, „das hier ist eine angemeldete Demonstration“. Man merkt's: die Polizeieskorte rattert mit einem Helikopter und gleich vier Booten hinterher. Recht gelassen äugen die Kadetten herüber. Einer setzt sich eine rote Pappnase auf und winkt. Man kennt sich bereits, man weiß sich einzuschätzen. Sechsmal schon seit März 1988 war die „Ark Royal“ das Ziel von Greenpeace-Aktionen.

Das höchst aktuelle Ziel der UmweltaktivistInnen: die Befreiung der Meere von Atomreaktoren und Atomwaffen. Im April sank in Norwegen ein sowjetisches U-Boot mit zwei Atomtorpedos, und vor wenigen Tagen mußte die US-Regierung zugeben, daß vor 20 Jahren eine Atombombe im Japanischen Meer versunken war. Mehr als die Hälfte aller weltweit laufenden Reaktoren, sagt Greenpeace, - 544 von 900 schwimmen auf den Meeren. Und insgesamt über 16.000 Atomsprengköpfe tragen die Flotten der Atommächte. In einem offenen Brief hat Greenpeace deshalb Bundeskanzler Kohl aufgefordert, es Dänemark und Neuseeland gleichzutun und mit Atomwaffen bestückte Schiffe aus bundesdeutschen Häfen zu verbannen.

Als die „Ark Royal“ nun für die Pfingstfeiertage anlegen will, schieben sich die Greenpeace-Schlauchboote zwischen Schiff und Pier. „Hier spricht die Polizei: Verlassen Sie bitte jetzt den Bereich des Schiffsanlegers“, dröhnt es aus dem Hubschrauber. Die „Ark Royal“ rückt näher, Meter um Meter. Die kleinen Boote müssen der höhergebauten Gewalt schließlich weichen.

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