Botschafter gegen Militärtagung

■ Grüne gegen militärhistorische Tagung ausgerechnet am 50. Gedenktag des deutschen Überfalls auf Polen / Polnischer Botschafter ebenfalls dagegen / SPD-Senatoren präsentierten neues Konzept

Wenn in diesem Herbst mit einer Friedenswoche in Bremerhaven des tragischen 50. Jahrestages zum Überfall der deutschen Truppen auf Polen gedacht werden soll, wollen Militärhistoriker mitmachen: „Militär und Technik Wechselbeziehung zwischen Staat, Gesellschaft und Industrie im 19. und 20. Jahrhundert“ lautet ihr Thema. Nicht nur um das Zeppelinsche Luftschiff, sondern auch um „Panzerfertigung im Zweiten Weltkrieg“ sowie „Rüstungstechnik und -industrie im Deutschen Reich 1939 -1945“ soll es dabei gehen.

„Diese Themenauswahl verstößt eklatant gegen das Anliegen einer Gedenkwoche, die mahnend an die Greuel des Zweiten Weltkrieges erinnern will“, befanden deshalb die Grünen und brachten einen Antrag in die Bürgerschaft ein, um die Tagung zu

verhindern.

Ausrichter dieser „31. Internationalen Fachtagung Militärgeschichte“ vom 4. bis 8. September 1989 ist das Deutsche Schiffahrtsmuseum, Veranstalter des alljährlichen Symposiums ist das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA), eine Einrichtung der Bundeswehr in Freiburg. Die Grünen wollten mit ihrem Antrag den Senat auffordern, erstens durch Gespräche mit dem Verteidigungsministerium das Forschungsamt zur Absage zu bewegen, zweitens das Schiffahrtsmuseums von der Zusammenarbeit abzubringen und drittens den Bremerhavener Bürgermeister Heinz Brandt vom Empfang für die Tagungsteilnehmer abzuhalten.

Der Grüne MdBB Hans-Joachim Sygusch sieht in der Tagung an just diesem Termin insbe

sondere einen „Affront gegenüber den beiden polnischen Partnerstädten von Bremen, Gdansk und Szczecin“ und nennt das Vorhaben „makaber und politisch instinktlos“.

Sygusch hatte deshalb auch mit dem Botschafter der Volksrepublik Polen Kontakt aufgenommen. Botschafter Ryszard Karski unterstützt den Protest der Grünen: „Ich bin auch der Auffassung, daß es unsere moralische Verpflichtung ist, Ereignissen entgegenzuwirken, die mit den tragischen Gedächtnistagen nicht zu vereinbaren sind und die sie verneinen.“

Als gegen Ende der letzten Bürgerschaftssitzung der Antrag der Grünen debattiert und verabschiedet werden sollte, zogen die Senatoren Franke und Grobecker ein ganz neues Konzept aus der Tasche: Polnische und sowjetische Wissenschaftler sollen eben

falls zu dieser Tagung eingeladen werden - so gaben sie der Debatte eine politische Wende. Und damit würde die fragwürdige Verknüpfung von Militärtechnik und historischer Aufarbeitung relativiert, da sie mit Sicherheit den Offensivcharakter darlegen würden. Insofern sei der Zeitpunkt sogar ausgesprochen günstig.

Die Grünen zogen daraufhin ihren Antrag zurück. Manfred Schramm sieht in den Ausführungen der beiden Senatoren einen „taktischen Zug“, um die Tagung stattfinden zu lassen. Die Sozialdemokraten stehen jetzt aber im Wort: „Nun muß die Tagung auch diesen entmilitarisierten Verlauf nehmen“, meint der Bremerhavener Grünen-Abgeordnete Schramm. Allerdings müßten nun auch der DGB oder andere Gegner der Veranstaltung zugelassen werden, um deren Ablauf

zu beobachten. (Der DGB hat übrigens polnische Gewerks chafter zu der gleichzeitig stattfindenden Friedenswoche nach Bremerhaven eingeladen.)

Dem polnischen Botschafter ist indes von einer Einladung an Wissenschaftler seines Landes nichts bekannt. Auch die Botschaft weiß bislang nur von der ersten und umstrittenen Programmfolge der militärhistorischen Veranstaltung, die zudem eine Besichtigung der Marineortungsschule und der Bremer Vulkan-Werft vorsieht. Dies bestätigte Botschaftssekretär Suszek der taz. Auch zur Gedenk- und Friedenswoche in Bremerhaven ist noch keiner seiner Kollegen eingeladen worden. Dies bestätigte der zentrale Koordinator der Botschaft für derartige Jubiläumsveranstaltungen. Birgitt Rambalsk