Barcelona: Bagger und ein Buch

Eine Männerkarriere vom Typ „vom Tellerwäscher zum Millionär“ / Zur Olympiade werden 1.000 Jahre Katalonien entdeckt / Bürger und Gaukler im Griff von Spekulanten  ■  Von Johannes Winter

Estacion Termino, das Traumziel so mancher Anarchistenreise, ist tot. Auf den Ramblas - einzigartige Boulevards flanieren Bürger und Gaukler im Griff von Spekulanten; der Hausberg Montjuich unterm Bagger, sein Gegenüber, der Pipidabo, von Tunneln wie ein Käse durchlöchert. Die Stadt ist Ort der Olympiade 1992 und modernisiert sich.

Planer und Investoren sind dabei, Barcelona-Mythen, Bettlern und Kritikern das Leben schwer zu machen. Zuckerbrot und der bodenständige Nationalismus, von alters her ein Rauschmittel gegen die Frustration des ewigen Zweiten hinter der Hauptstadt Madrid. Ein Programm für die Verbreitung der Droge ist bereits angelaufen.

„Tausend Jahre Katalonien“ wurden entdeckt, ein „Park der katalanischen Identität“ entworfen. Das olympische soll den Beinamen „katalanisches“ Jahr erhalten. Die Modernisierung marschiert, es geht gnadenlos voran. Der „Katalanismus“ lebt.

Barcelona, derzeit regiert von einem in den USA ausgebildeten Ökonomen der sozialistischen Partei, hat für seine Politik der spektakulären Erfolge auch einen Roman verbucht, der eben in deutscher Übersetzung bei Suhrkamp erschienen ist: Eduardo Mendoza, Die Stadt der Wunder.

Kein Schelmen-, sondern ein Gangster-, aber zugleich ein Stadtroman, bei uns wie in Spanien hymnisch gefeiert. Der Autor Mendoza, in Spanien längst arriviert, hat vor der Niederschrift etliche Jahre in den USA gelebt - er hat keinen Heimatroman geschrieben.

Mendoza erzählt souverän, süffisant und effektvoll eine Männerkarriere des Typs „vom Tellerwäscher zum Millionär“. Sein Held, Onofre Bouvila, agiert vor der historischen Kulisse Barcelonas, in einer Geschichte von Aufstieg und Fall, die sich zwischen zwei Weltausstellungen (1888 und 1929) bewegt.

Es sind Großereignisse wie das bevorstehende von 1992. Mendozas Held zieht als amoralischer Mafioso seine Bahn, wird zum mächtigen Spekulanten inmitten von Pistoleros, korrupten Politikern und dienstbaren Frauen.

Sein Leben spielt im Barcelona der Jahrhundertwende, als die Stadt um das berühmte Eixample-Viertel im Quadratstil erweitert wurde und der Architekt Gaudi seine Modernisme -Bauten, im Jugendstil, errichtete.

Mendozas Mann und seine Stadt - ein Instant-Mythos, der inzwischen in 15 Sprachen übersetzt ist. Das Ruhmesblatt aller Katalaner soll, jedem Olympioniken Anno '92 in die Hand gedrückt werden, schlägt die 'FAZ‘ vor.