Neue Tierkreationen aus Brüsseler Spitze

EG-Kommission will Gen-Spiele ohne Grenzen legalisieren / Turbo-Kühe, Riesenschweine und Pharma-Schafe  ■  Aus Berlin Benny Härlin

Die EG-Kommission plant eine Verordnung zur Vermarktung transgener Tiere. Gentechnisch manipulierte Tiere, ob Riesenschweine und Turbo-Kühe, ausgerüstet mit künstlichen Streß- und Krankheitsresistenzen oder auch völlig neue Kreationen wie etwa Schafe, in deren Milch Pharmazeutika „geerntet“ werden können, befinden sich bisher noch im Entwicklungsstadium.

Doch was in den Laboren der Gentechnologen bisher, meist zur Qual der betroffenen Tiere, noch nicht recht funktioniert, hat in der Planung der Agrarstrategen der EG -Kommission in Brüssel schon einen festen Platz.

Der taz liegt ein bisher geheim gehaltener Entwurf einer Verordnung aus Brüssel vor, der die „Inverkehrbringung genetisch modifizierter Tiere und ihrer Produkte“ regeln soll.

Der EG-Ministerrat hat sich bisher erfolglos über eine allgemeine Richtlinie zur Freisetzung gentechnisch manipulierter Organismen in die Umwelt zu einigen versucht, das Europäische Parlament wird in der kommenden Woche vermutlich dem Vorschlag seines Umweltausschusses, ein fünfjähriges Moratorium für kommerzielle Freisetzungen zu erlassen, folgen. Die EG-Bürokratie aber ist offensichtlich bereits einen Schritt weiter.

Mit einer schlichten Verordnung - sie entfaltet im Gegensatz zu EG-Richtlinien, die zunächst in nationale Gesetze übertragen werden müssen, 30 Tage nach Verabschiedung unmittelbare Gesetzeskraft - plant die für Landwirtschaft zuständige Generaldirektion VI der EG -Kommission den einheitlichen Binnenmarkt für transgene Tiere und ihre Produkte zu regeln. Inklusive Spermien, Eizellen und Embryonen.

Die Möglichkeit der Übertragung fremder Gene in höhere Tiere (gemeint sind vor allem Rinder, Schweine, Geflügel und Fische) biete „erhebliche Möglichkeiten zur Rationalisierung und Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität“, heißt es in dem inoffiziellen Vorentwurf der Kommission, den der 'Gen-ethische Informationsdienst‘ in seiner neuesten Ausgabe veröffentlicht. Deshalb sei es erforderlich, einheitliche Regeln für den künftigen gemeinsamen Kunstvieh -Markt zu erlassen.

Der Entwurf sieht vor, daß die zuständigen nationalen Behörden die Kommission über sämtliche Zulassungsanträge informieren müssen. Innerhalb einer Frist von sechs Monaten kann die Kommission dann ein Verbot oder Beschränkungen für die Vermarktung des jeweiligen, „neuen Typs“ von Tier erlassen. Tut sie dies nicht, kann das neue Modell EG-weit in Serie gehen.

Vor der Zulassung sollen Fragen nach Ursprungsrasse, Ziel und Form der Manipulation, Fortpflanzungs- und Überlebenschancen der transgenen Tiere, Auswirkungen auf die Volksgesundheit, die Umwelt, und die Agrarökonomie geklärt werden. Außerdem sei eine „Risiko-Bewertung“ durchzuführen.

Mit keinem Satz würdigt die Kommission dagegen die Befindlichkeit der Tiere oder sonstige tierschützerische Aspekte, geschweige denn ethische Bedenken und Grenzen der Manipulierbarkeit von Tieren. Der Kommissionsentwurf kann beim Gen-ethischen Netzwerk (Potsdamer Str. 96, 1 Berlin 30) bezogen werden.