Dollar schwimmt im Aufwärtskanal...

■ ...aber noch befinde sich der Dollarkurs im Rahmen von Regierungsvereinbarungen, die allerdings keiner genau kennt Interview mit Hartmut H. Glowinski, Devisenhändler des Frankfurter Bankhauses Schröder, Münchmeyer, Hengst und Co.

I N T E R V I E W

taz: Herr Glowinski, woran liegt die derzeitige Dollarstärke bzw. D-Mark-Schwäche?

Glowinski: Eine Dollarstärke beobachten wir ja schon eine geraume Zeit. Wenn jetzt die Zentralbanken mit Dollarverkäufen dagegen intervenieren, so ist das eigentlich nur Öl aufs Feuer. Die Spekulation nimmt das nur mit Freude auf und hat den Dollar anschließend zu neuen Höhen getrieben.

Für die 'FAZ‘ ist all das Zeichen für einen Vertrauensverlust in die deutsche Politik.

Das stimmt zum Teil. Die Anleger haben das Vertrauen verloren, und es ist auch nicht mehr die Spekulation auf einen starken Dollar, die den Dollar treibt, sondern das Anlagekapital, was im Moment in den Dollar fließt.

Nun wurde doch aber gerade die so verhaßte Quellensteuer aufgehoben.

Das hat dabei keine Rolle gespielt. Es ging nicht um die circa 100 Milliarden Mark, die wegen der Quellensteuer das Land verlassen hatten. Sie hat zwar viele Leute bewogen, ihre Schwarzgelder aus Deutschland abzuziehen. Was aber schwarz ist, bleibt schwarz, das kommt nicht zurück. Die Aufhebung der Quellensteuer könnte höchstens den zusätzlichen Abschluß gestoppt haben, aber zurück kommt nichts.

War man denn in der Spekulantenwelt über die Regierungsumbildung besonders enttäuscht?

Das sehe ich eher dahingehen, daß es in die Reihe der Enttäuschungen hineinpaßt. Die Regierung ist nicht in der Lage, ihre positiven Seiten entsprechend zu verkaufen. All das konnte sie ja nicht in Wählerstimmen umsetzen. Ob das der neue Regierungssprecher Klein besser hinbekommt, werden wir sehen.

Kann man den zitierten Vertrauensverlust denn an bestimmten Dingen festmachen?

Nein, das ist sehr schwer. Aber wenn die Bundesbank jetzt am Donnerstag ihre Leitzinsen noch mal erhöht, wie von vielen Seiten erwartet, so wäre das in meinen Augen keine Stärkung für die Mark. Ich würde das eher negativ sehen für die D-Mark. Höhere Zinsen zeugen von schwächerer Währung.

Das, was jetzt an den Devisenbörsen läuft, der neuerlich starke Dollar, sehen Sie das nur als Reaktion auf die Anlagekapitalien an, oder ist das auch eine eigene Devisenspekulation?

Das ist im Moment nur noch Reaktion. Dollars sind zur Zeit relativ knapp - wegen der amerikanischen Geldmengenpolitik. Sie werden daher zur Anlage sehr stark gesucht.

Von gewissen Punkten an wird es natürlich zum Selbstläufer, weil dann die Hausse (Spekulation auf künftig höhere Kurse, d.Red.) sich wieder selbst nährt. Das läuft hier natürlich auch, wenn die Lawine erst mal in Gang kommt, und die anderen wollen hinterherspringen.

Ist das Louvre-Abkommen, bei dem sich die großen Länder ja auf einen Dollar-Kurs von 1,80 geeinigt hatten, jetzt geplatzt?

So wie ich das Louvre-Abkommen interpretiere, ist der Kanal bei 1,90 bis 1,95 Mark für den Dollar. Und da liegen wir durchaus immer noch gut drin. Ich gehe davon aus, daß er stillschweigend geändert worden ist, spätestens auf der letzten „G-7-Konferenz“ (Konferenz der sieben mächstigsten Industrieländer, d.Red.). Auch diese G-7-Abmachungen sind ja immer nur Spekulation. Da weiß ja kein Mensch, was da tatsächlich gelaufen ist. Da sagt der eine das und der andere zwei Minuten später etwas ganz anderes. Wir können uns eigentlich nur auf unser Feeling verlassen. So wie die Reaktionen sind, liegt die Marge etwa da, wo wir heute den Dollar haben.

Wobei für die Regierungen Möglichkeiten, den Kurs wie vereinbart zu halten, sehr begrenzt sind.

In der Tat. Die Notenbbanken haben erkannt, daß sie sich nicht mit Devisenmarktinterventionen (etwa Dollerkäufe oder

-verkäufe, d.Red.) gegen einen Markt stemmen können. Wenn ich mir meine Daten hier angucke, dann liegen wir in einem sanften Aufwärtskanal, und der ist bei 1,95 Mark noch nicht zu Ende. Durchbrochen ist noch keine Linie, aber wir laufen mit dem Dollar innerhalb des Kanals langsam, aber sicher nach oben.

Interview: Ulli Kulke