Mit neuem Führungsstil an der FU-Spitze vorbei

■ Interview mit Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller-Seel: „So schlecht, wie sich das in der taz liest, geht's uns nicht“

Noch keine hundert Tage ist Barbara Riedmüller-Seel (SPD) im Amt, doch schon häuft sich die Kritik an ihr: Kritik daran, daß sie die von ihren Vorgängern rechts gewendete Verwaltung (taz vom 11.5.) nicht umstrukturiert hat - oder auch, daß sie bei der Abschaffung der FU-Strukturreform die Uni -Autonomie verletzt hat.

taz: Als Sie dafür sorgten, daß an der Freien Universität die Strukturreform zurückgenommen wurde, haben Sie in die Autonomie der Universität eingegriffen. Hat in diesem Fall der Zweck die Mittel geheiligt?

Barbara Riedmüller-Seel: In diesem Fall mußte ich handeln, weil ich sicher sein konnte, daß die Universitätsspitze dies nicht tut. Und die Universitätsspitze wird in den nächsten Monaten wahrscheinlich bei anderen Konflikten ähnlich verfahren. Das heißt: Hier gibt es natürlich eine politische Achse von betroffenen Gruppen der betroffenen Fachbereiche zu mir. Und da gibt es einen Dissens zur Universitätsspitze. Ich finde es naiv, das anders darzustellen. Und da kann es auch in anderen Fragen sein, daß ich in diesen Konflikt, den die Universität ja hat, schlichtend oder vermittelnd oder strukturierend eingreife. Autonomie heißt ja nicht einfach, die Universität sich selbst und dem Spiel der Kräfte, die ja zum Teil auch zufällig sind, zu überlassen. Man muß aufpassen, wenn man das diskutiert, daß man nicht die FU generalisiert. An der TU gibt es viel früher Beratungen zwischen den Gruppen, und wenn ich in das Geschehen reinkomme, haben die sich vorher abgesprochen und versucht, einen Konsens zu finden, oder stellen ihre Meinungen als unterschiedliche im Gespräch mit mir dar. Dieser Prozeß findet an der FU nicht statt.

Warum arbeiten Sie nicht das neue Hochschulgesetz von vornherein zusammen mit Vertretern der Universitäten aus?

Das ist ja nicht so. Ich hab die Universitäten aufgefordert, sich mit der Novellierung zu befassen, und werde mit ihnen beraten. Aber die haben ja offenbar das Problem, und das ist wieder FU-spezifisch, daß sie nicht wissen, in welcher Form sie in die Beratung einsteigen. Da sind die sich ja nicht einig. Wie der Meinungsbildungsprozeß stattfinden soll, ist mit der TU ausgemacht. Nur die FU tut in diesem Bereich gar nichts. Meine Verwaltung macht das, was eine Verwaltung zu tun hat, nämlich die Vorbereitung für eine Novellierung. Wir legen keinen eigenen Gesetzesentwurf vor. Wir prüfen, wie wir die Ziele der Koalitionsvereinbarung rechtlich umsetzen können, und mit dieser Prüfung gehen wir in die Diskussion.

Ihre Vorgänger haben die Verwaltung gnadenlos umstrukturiert, um sich Gefolgsleute zu schaffen. Macht Ihnen das Sorge? Clevere Beamte können eine Politik, die ihnen zuwider ist, mit subtilen Mitteln unterlaufen, ohne daß die Senatorin das sofort merkt.

Die Senatorin merkt das. Es gibt auch keine Zeichen in die Richtung. Es ist auffallend, wie stark das öffentliche Interesse speziell an meiner Verwaltung ist. Das Problem, das ich habe, hat jeder andere Verwaltungsbereich auch. Immer, wenn eine politische Führung wechselt, fragt man sich, wie sind bestimmte neue politische Ziele mit der bestehenden Struktur zu vereinbaren. Dazu muß man sich was einfallen lassen, und Sie können sicher sein, daß ich das getan habe. Ich werde aber ganz sicher nicht das tun, was der CDU-Senat gemacht hat: meine Leute hineindrücken und die Verwaltung so zu politisieren, daß sie kaum mehr handlungsfähig ist. Wir werden mit der Verwaltung und dem Personal in vielen Bereichen leben müssen. Das ist eine Frage des Führungsstils. Ich habe einen Führungsstil hier im Haus entwickelt, wo ich praktisch die Fäden in der Hand habe und wir kooperativ arbeiten. Wir haben ein ganz anderes System in der Hierarchie entwickelt, und das zeigt auch die ersten Früchte. Wir haben ganz schnell für die Projekte, die wir im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen vorhaben, Projektgruppen installiert. Dort haben wir uns natürlich die Leute hereingeholt, die auch Interesse an der Umsetzung haben. Diese Projektgruppen - z.B. Frauenförderung arbeiten sehr gut. Das ist ein Zeichen, daß man einen sehr starren Apparat, der sehr hierarchisch ist, in Bewegung bringen kann. Und zweitens, was ich als Führungsstil mache, ist, daß ich nicht mehr nur mit den Abteilungsleitern spreche, sondern daß ich Rücksprache halte mit denjenigen, die an der Sache sitzen. Das hat sehr viel Bewegung in die Abteilungen gebracht. Wir haben dann auch neue Stellen zu besetzen, z.B. die Forschungsabteilung - dadurch bringen wir auch Bewegung rein. Also so schlecht, wie sich das in Ihrem Artikel in der taz liest, geht's uns nicht.

Wie wollen Sie auf Dauer die Universitäten in Ihre Politik einbeziehen - auch jenseits der Uni-Spitzen?

Das wird bei den einzelnen Hochschulen unterschiedlich aussehen. Wenn man von der Besonderheit der FU ausgeht, die ja sehr zerstritten ist, dann ist das schwieriger. Es ist ganz sicher nicht meine Absicht, dort nur mit der Universitätsspitze zu arbeiten. Das ist im Augenblick auch nicht besonders effektiv. Ich habe mit ganz verschiedenen hochschulpolitischen Gruppen Kontakt. Es ist nicht so, daß ich eine Gruppe bediene und die andere nicht. Das tue ich gerade nicht. Das ist auch der Fehler an der FU, wo sich politische Gruppen danach bilden, wer was gewinnt, und im Augenblick schon das Gerangel losgeht, wer wird Präsident, Vizepräsident, Abteilungsleiter.

Von linken Gruppierungen sind Sie angegriffen worden. Ärgert Sie das oder macht es Sie nachdenklich?

Am Anfang hat es mich nachdenklich gemacht, weil ich die Motive nicht verstanden habe. Inzwischen habe ich sie verstanden, und deswegen ärgere ich mich auch nicht mehr darüber. Die Kritik hat ja ganz viel damit zu tun, daß ich eine bestimmte Mauschelpolitik an der FU nicht mitgemacht habe, und der Verdacht nicht unbegründet ist, daß ich die auch als Senatorin nicht mache und jetzt nicht die Linke bediene. Was meinen Sie, was ich für Anforderungen habe, wer jetzt endlich, nachdem er acht Jahre hat warten müssen, befördert wird, 'ne Stelle kriegt usw. Das ist eine Frage des politischen Stils. Ich finde, daß der rot-grüne Senat daran beweisen wird, ob er zu diesem miesen politischen Stil unserer Vorgänger eine Alternative entwickelt.

Interview: Winfried Sträter