Lateinamerika geht auf Distanz zu Noriega

■ OAS schickt Vermittler-Delegation nach Panama / Nur Nicaragua und Panama dagegen / Generalstreik gescheitert

Washington/Panama (wps/taz) - Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) schickt eine vierköpfige Delegation nach Panama, die nach der Annullierung der Wahlen durch Armeechef Manuel Noriega zwischen Regierung und Opposition vermitteln soll. Dies beschloß das Bündnis, dem 31 Staaten Amerikas angehören, in der Nacht zum Donnerstag in einer von Venezuela auf Wunsch der USA einberufenen Sondersitzung in Washington. Die Delegation, der die Außenminister Ecuadors, Guatemalas und von Trinidad y Tobago sowie OAS-Generalsekretär Joao Baena Soares angehören, soll ein „nationales Abkommen“ aushandeln, das die „schnellstmögliche Übergabe der Regierungsgewalt nach demokratischen Regeln und unter voller Berücksichtigung des souveränen Willens des panamaischen Volkes ermöglicht, und bis zum 5. Juni der OAS berichten. Eine entsprechende Resolution wurde von 20 gegen zwei Stimmen bei sieben Enthaltungen angenommen. Nicaragua und Panama stimmten mit Nein.

In der Tat können die USA zufrieden sein. Die OAS, deren Außenminister zum erstenmal seit dem Krieg zwischen Großbritannien und Argentinien um die Malivinas 1982 zu einer Sondersitzung zusammenkamen, hat zwar nicht - wie von US-Außenminister Baker gefordert - den Rücktritt Noriegas und die Anerkennung des Wahlsieges der Opposition verlangt. Doch wird der Armeechef und eigentliche Machthaber Panamas wegen Machtmißbrauchs und schwerwiegender Einmischung in die Wahlprozedur - anders als in einem ersten, von den sozialdemokratisch regierten Staaten Venezuela und Peru eingebrachten Resolutionsentwurf - ausdrücklich verurteilt.

In Panama selbst wurde ein von der Opposition anberaumter Generalstreik nur halbherzig befolgt. Zwar blieb die Mehrheit der Arbeiter und Angestellten am Mittwoch ihrem Arbeitsplatz fern, die meisten Geschäfte und Banken waren jedoch geöffnet. Die Regierung hatte allen Unternehmern und Geschäftsinhabern mit Lizenzentzug gedroht, sollten sie sich am Streik beteiligen.

In einer ersten öffentlichen Erklärung seit den Wahlen warf Noriega am Mittwoch der Opposition vor, selbst für die Ausschreitungen am 10. Mai, bei denen ihre Spitzenpolitiker krankenhausreif geschlagen wurden, verantwortlich zu sein. Über mögliche Neuwahlen schwieg er. Doch sein Schwager, Ramon Sieiro, Generalsekretär der Arbeiterpartei (PALA) und Vizepräsidenschaftskandidat der Regierungskoalition COLINA, regte Gespräche über eine provisorische Junta an, die eine konstituierende Versammlung einberufen und Neuwahlen organisieren könnte. Im Lager der Opposition wird zwar offiziell noch die Anerkennung des Wahlsiegs gefordert, doch zeigte sich Arias Calderon, Präsident der Christdemokraten, zu Verhandlungen mit den Militärs bereit.

thos