'links‘ - ein ratloses Geburtstagskind

Das Sozialistische Büro gibt im 20.Jahr die Monatszeitschrift 'links‘ heraus / Gutes Essen und zähe Diskussion  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

Die Lachspastete war federleicht, das Dessert rutschte von selber. Nur vor Tische war es etwas sperrig bei dem Geburtstagsfest der Monatszeitschrift 'links‘, die am Samstag ihr 20.Erscheinungsjahr feierte. 'links‘ wird herausgegeben vom Sozialistischen Büro in Offenbach. Es hatte seine Hochzeiten Mitte der siebziger Jahre als Organisator legendärer Pfingstkongresse. Damals soll, so ein heutiger Macher, die Auflage des Blattes „rund 16.000“ betragen haben. Ende der Siebziger ging die Abokurve steil nach unten und pendelte sich dann bei einem runden Drittel ein.

Die 'links'-Macher, Sozialisten, Antifaschisten, Gesellschaftstheoretiker in der Tradition der '68er-Revolte, krankten zum Ehrentag an sich selber. Sie stellten sich und dem Podium die Frage: „Ein politisches Konzept: Gegenöffentlichkeit. Wie weiter?“ So jedenfalls nicht, nämlich männerdominiert, theoriebesessen, rechthaberisch beharrend, fanden Frauen, die gekommen waren, um über eine Frauenzeitung zu diskutieren. Sie gingen wieder. Tatsächlich schien die Luft im Saal des Bonhoeffer-Hauses im Frankfurter Westend schier zu erstarren vor der männlichen Erhabenheit, mit der hier globale Fragen gestellt und ebenso zielsicher nicht beantwortet wurden. Der Klagen gab es viele, aber nur eins war gemeint: der ratlos konstatierte Verlust, Zerfall alter linker Zusammenhänge, Diskussionen, Gesellschaftsentwürfe. Die Redaktion, die sich beharrlich bis zur Ignoranz allem verweigerte, was in den letzten 15 Jahren nur entfernt nach Moden, Trends, Mystifax aussah, beklagte Diskussionsdefizite und ihre eigene Isolation. Sie mußte sich von Jüngeren in die Jammerparade fahren lassen.

Es gebe diese vermißte Gegenöffentlichkeit, sogar in Millionenauflage. Nur werde sie von den 'links'-Machern offensichtlich nicht wahrgenommen, links liegengelassen, erläuterte Axel Diederich vom inzwischen in Amsterdam angesiedelten Archiv Bundesdeutscher Alternativpresse. Da seien winzige Arbeitslosenblätter, eine weithin unbekannte Kommune-Bewegung mit eigenen Medien wie zum Beispiel Computern, Schwulenblätter, Frauenzeitungen, alles in allem eine Vielfalt, die sich in „Fachpressen“ spezialisiert habe, an globalen Theorien wenig Interesse zeige und im jeweiligen Zusammenhang „Ingroup“ bleiben wolle. Demgegenüber kämen ihm die lamentierenden 68er in Frankfurt „vor wie ein toter Diskussionszirkel“. Es seien die Jungen und die Frauen, die sich jetzt in ihren Blättern daranmachten, „den Scheiterhaufen eurer eigenen Geschichte“ aufzuarbeiten. 'links'-Mann Bruno Schoch hielt dagegen: „Ich halte das Altern immer noch für einen biologischen Vorgang und nicht für eine politische Kategorie!“

Am Ende der Veranstaltung stapelte sich alles, wogegen die 'links‘ auch in den nächsten 20 Jahren anschreiben will: Beziehungskistenjournalismus, Medialisierung als zweite gesellschaftliche Realität, Rechtsradikalismus, Linksfaschismus, Antikommunismus. Zum Schluß noch ein Blick in das Editorial der Mai-Nummer 1989, 2.Absatz: „Die mit diesen Flexibilisierungsbegriffen eng verbundene und häufig kritisierte Entstrukturierung der Gesellschaft verweist neben der Auflösung sozialer Strukturen, die bisher ein Mindestmaß an materieller Absicherung versprachen, auch auf Aspekte möglicher Emanzipation, die in diesen Veränderungsprozessen enthalten sein können, von vielen Linken bisher aber eher verdrängt wurden.“ Alles klar? Wir gratulieren!