Nordirlands Südafrika-Connection

Beim Anschlag auf das Sinn Fein-Büro in Belfast vor einer Woche wurden offenbar Waffen aus Südafrika eingesetzt / Waffengeschäfte treiben Keil zwischen Nordirlands unionistische Parteien  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die Waffen, die bei dem Anschlag auf das Büro der republikanischen, IRA-nahen Sinn-Fein-Partei vor einer Woche in Belfast benutzt wurden, stammen vermutlich aus Südafrika. Die Verbindungen zwischen der paramilitärischen protestantischen „Ulster Resistance“ und Südafrika waren bereits länger bekannt. Drei ihrer Mitglieder waren am 21. April im Pariser Hilton-Hotel von der französischen Spionage -Abwehr „in flagranti“ ertappt worden, als sie dem südafrikanischen Botschaftsangehörigen Storm einen Simulator für die tragbare britische Luftabwehrrakete „Blowpipe“ übergeben wollten. Das Teil war vermutlich aus der staatlichen Waffenfabrik „Shorts Brothers“ in Ost-Belfast gestohlen worden und sollte gegen südafrikanische Waffen und Munition eingetauscht werden.

Storm mußte am selben Tag wieder freigelassen werden, nachdem er sich auf seine Immunität berufen hatte. Die drei Nordiren und der US-amerikanische Waffenhändler Bernhart, durch dessen Vermittlung das Treffen in Paris zustande gekommen war, wurden inzwischen wegen „Transport von Kriegswaffen“ angeklagt.

Es ist zweifelhaft, ob Südafrika tatsächlich an der „Blowpipe“ interessiert ist, da die Rakete veraltet ist und auf dem internationalen Waffenmarkt mühelos gekauft werden kann. Wahrscheinlicher ist, daß Storm gehofft hatte, Informationen über die neue „Starstreak„-Rakete zu erhalten, die ebenfalls von Shorts Brothers hergestellt wird. „Starstreak“ ist eins der bestgehüteten britischen Militärgeheimnisse. Die Rakete enthält drei separate Sprengköpfe, die vom Boden aus gesteuert werden und dadurch die Abwehr der angegriffenen Flugzeuge umgehen können. Shorts rechnet mit US-Aufträgen für die „Starstreak„-Rakete im Wert von sechs Milliarden Mark. Während Shorts bei der Flugzeugproduktion in den letzten Jahren immer höhere Verluste hatte hinnehmen müssen, erwies sich die Waffenfabrikation als höchst profitabel.

Überraschend kam der Diebstahl bei Shorts nicht. Schließlich war „Ulster Resistance“ maßgeblich an der Einschüchterung und Vertreibung der - ohnehin nur wenigen katholischen Arbeiter bei Shorts beteiligt. Die Organisation war Ende 1986 nach der Unterzeichnung des anglo-irischen Abkommens vom rechtsradikalen Pfarrer Ian Paisley und anderen Führern seiner Partei, der „Demokratischen Unionistischen Partei“ (DUP), gegründet worden, um die „Kräfte im Kampf gegen das Abkommen zu vereinigen“. Der Vertrag zwischen London und Dublin sollte der irischen Regierung ein begrenztes Mitspracherecht in nordirischen Angelegenheiten geben und wird von den Protestanten als Bedrohung ihrer Privilegien angesehen.

Als die nordirische Polizei im letzten November ein Waffenlager der „Ulster Resistance“ aushob, in dem sich neben südafrikanischen Waffen auch eine Zielvorrichtung der „Starstreak„-Rakete befand, distanzierte sich die DUP von der immer noch legalen paramilitärischen Organisation. Der Pariser Waffenhandel hat inzwischen zu einem Streit zwischen den beiden unionistischen Parteien geführt, nachdem Paisley angekündigt hat, die drei angeklagten Nordiren in dem Pariser Gefängnis zu besuchen. Die „Official Unionist Party“ (OUP) wirft Paisley vor, er würde dem Unionismus schweren Schaden zufügen, weil er ihn durch seinen Besuch in Verbindung mit dem Terrorismus bringen würde. Paisley sagte dagegen, daß es seine „Pflicht als protestantischer Pfarrer und Europa-Abgeordneter ist, den Dreien in der Not beizustehen“.