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Kohl darf nicht auf CDU-Plakat

Streit in der nordrhein-westfälischen CDU um den Inhalt eines Wahlplakats eskaliert / Parteiausschlußverfahren gegen Kritiker in Dortmund beantragt  ■  Aus Düsseldorf J.Nitschmann

Auf die zunehmende innerparteiliche Kritik an dem bundesweit plakatierten Europawahlslogan der CDU: „Radikale und SPD / Zukunft und Wohlstand ade“ hat die Parteiführung der nordrhein-westfälischen Landes-CDU mit einer Intensivierung der umstrittenen Kampagne und der Maßregelung von Kritikern reagiert.

Ende vergangener Woche hatte die örtliche CDU im gesamten Stadtgebiet sämtliche Plakate mit einem Kohlbildnis überklebt - und dies nur wenige Stunden nachdem sie angeliefert worden waren. Helmut Linssen, Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, reagierte prompt: Er befahl, den umstrittenen Slogan zu plakatieren. Dort wo bereits ein Kohlkonterfei hing, sollte, so der örtliche CDU -Geschäftsführer Karl-Ferdinand Kinting, das „Radikalen„ -Plakat für den Fall drübergeklebt werden, daß das Kanzlerbildnis „bemalt oder versaut“ worden sei. Noch am Sonntag bei einer zentralen Europawahlkampfkundgebung mit Bundeskanzler Helmut Kohl und CDU-Landeschef Norbert Blüm hatte die CDU-Bundesgeschäftsstelle eigens ein „Radikalen„ -Plakat aus Bonn als Hintergrundkulisse für die Rednertribüne auf den Aachener Marktplatz schaffen lassen. Der Grund: sämtliche Plakatflächen mit dem umstrittenen Slogan waren von den eigenen Parteifreunden überklebt worden.

Inzwischen kündigte Generalsekretär Linssen gegenüber Journalisten an, daß die CDU an Rhein und Ruhr ihre „Radikalen„-Kampagne noch intensivieren werde, weil er sich davon eine Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft verspreche.

Dagegen wächst an der CDU-Basis der Unmut über die „Radikalen„-Plakate. In der Düsseldorfer CDU-Parteizentrale hieß es, „in einer Reihe von Städten“ hätten sich Christdemokraten geweigert, diesen Slogan zu plakatieren, „mehrere CDU-Kreisverbände“ strebten eine Distanzierung der Landes-CDU von dieser bundesweiten Plakataktion an. Vor allem in Hochschulstädten gebe es massive Schwierigkeiten damit. Auch die CDU in Münster weigerte sich, das „Radikalen„-Plakat zu kleben: „Ich bin der Meinung, daß dieser Slogan so vergröbernd ist, daß er nicht mehr wirksam wird“, erklärte der Münsteraner CDU-Chef Hanno Höying.

Der Dortmunder CDU-Stadtbezirksvorsitzende Norbert Gurske (46) hatte Anfang dieser Woche seine Parteiführung öffentlich aufgefordert, diese „diffamierenden Aussagen“, die „einer Partei mit dem C im Namen ganz besonders unwürdig“ seien, umgehend zurückzuziehen. Diese Kampagne sei „eine Beleidigung aller demokratischen Kräfte“. Daraufhin hat der CDU-Ortsverband Dortmund Südwest ein Parteiausschlußverfahren gegen Gurske beantragt, der als Bundesvorsitzender der „Christlichen Demokraten für Schritte zur Abrüstung“ (CDSA) bei den Parteioberen ohnehin umstritten ist. Gurske zur taz: „Man muß der Meinung sein, daß diese Partei mit ihrem Latein am Ende ist...“

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