piwik no script img

Straßburg auf Gen-Tec-Kurs

■ Europa-Parlament lehnt Moratorium für die Freisetzungen genetisch manipulierter Organismen ab

Straßburg (taz) - Das Europa-Parlament ist auf Gen-Tec-Kurs umgeschwenkt. Mit einer ebenso knappen wie beschämenden Mehrheit von 68:67 Stimmen (dem Parlament gehören 518 Abgeordnete an) lehnte das Europa-Parlament in Straßburg am Donnerstag die Forderung seines eigenen Umweltausschusses nach einem fünfjährigen Moratorium für Freisetzungen von gentechnisch manipulierten Organismen ab. Mit einer ähnlich knappen Mehrheit sprach es sich gegen eine Verschärfung der Rechtsgrundlagen aus. Elf der zwölf Mitgliedsländer - alle, bis auf die Bundesrepublik - hatten im Ministerrat eine Änderung der Rechtsgrundlagen verlangt, die es den nationalen Regierungen gestatten würde, eigene (schärfere) Sicherheitsmaßstäbe für Freisetzungen zu setzen.

Die durch intensive Lobby-Arbeit von Industrieverbänden zustandegekommene neue Mehrheit des Parlaments, zu der auch die bundesdeutschen CDU-Abgeordneten gehörten, lehnte auch nahezu alle inhaltlichen Verbesserungsvorschläge für die Regelungen zur Freisetzung ab. Dabei hatte selbst die EG -Kommission bereits signalisiert, daß sie bereit sei, einen Teil der Vorschläge aufzunehmen. Fazit des grünen Europa -Abgeordneten Benny Härlin: „Es ist bedrückend, daß sich schon die EG-Kommission umweltbewußter zeigt als das Parlament.“ Die Abstimmung spreche dem sonst gerne herausgestellten Umweltbewußtsein Hohn.

Ausschlaggebend für die Ablehnung des Moratoriums war die Argumentation, daß der Industrie angeblich Wettbewerbsnachteile gegenüber den USA drohen würden. Härlin dazu: „Die Sicherheitsbestimmungen in den USA sind erheblich strenger als die von der EG-Kommission vorgeschlagenen Richtlinien für Freisetzungen.“ Eine Beteiligung der Öffentlichkeit sei zum Beispiel in den USA zwingend vorgeschrieben. Der Abgeordnete weist auch daraufhin, daß die EG-Richtlinien für das in der Bundesrepublik geplante Gentechnik-Gesetz eine verbindliche Vorgabe darstelle. Auf die Freisetzungen eingehend, sagte Härlin, die Freilandversuche provozierten neue, bisher nicht einmal erfaßbare Gefahren für Gesundheit und Umwelt. Diese Risiken seien nur noch mit der Atomtechnik vergleichbar.

-man-/F. L.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen