Baustopp für das WAAhnsinnsprojekt

WAA-Bauarbeiter lassen die Schaufel fallen / Betreiber DWK meldet den Baustopp Bayerns Umweltministerium will's nicht wahrhaben / Bonner Kollegen nicht überrascht  ■  Aus München Luitgard Koch

Heute nachmittag um 17.00 Uhr ist es soweit. Die Bauarbeiten auf dem WAA-Gelände im Taxöldener Forst werden endlich eingestellt. „Den Augenblick, wenn die Arbeiter ihre Schaufel aus der Hand legen, wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen“, erklärte der Sprecher der Oberpfälzer Bürgerinitiative, Michael Wilhelm. Auf der Baustelle sind derzeit 320 Leute beschäftigt. Nach Angaben der Betreiberfirma DWK (Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung) wurden seit Anfang der Bauarbeiten 366 Millionen Mark in den Sand gesetzt. Insgesamt belaufen sich die Kosten des „WAAsinnsprojekts“, das freilich nur 180 Oberpfälzern zu Arbeitsplätzen verhalf, auf 2,6 Milliarden Mark. Gestern hatten die DWK-Bosse offiziell kapituliert und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mitgeteilt, daß sie auf die Ausübung des Sofortvollzugs der 1. Atomrechtlichen Teilgenehmigung verzichten werden. Gleichzeitig verkündete der Sprecher der Deutschen Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (DWW), Egon Mühlberger, dies bedeute jedoch keine endgültige Aufgabe des Projekts. Auch der Sprecher des bayerischen Umweltministeriums, Günter Graß, versuchte den Rückzug der DWK herunterzuspielen. Fortsetzung auf Seite 2

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Die Chronologie des Widerstands

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„Das ist, wie wenn jemand eine Baugenehmigung hat und aus irgendwelchen Gründen nicht weiterbaut“, behauptete Graß. Da zu diesem Zeitpunkt im Umweltministerium noch kein Schreiben der DWK-Herren vorlag, verkündete Graß stur: „Die erste Teilerrichtungsgenehmigung und die Anordnung des Sofortvollzugs bestehen weiter.“ Der Würzburger Rechtsanwalt, Wolfgang Baumann - er vertrat die WAA-Gegner bei ihren über 30 Verfahren vor Gericht - bezeichnete die Haltung des Umweltministeriums als „juristische Spinnerei“. In seinem Anwaltsbüro knallten am Nachmittag bereits die Sektkorken. Das absurde Festhalten der DWK an der Genehmigung ist in den Augen des Anwalts nur eine „Schönheitsoperation“, um „nicht völlig das Gesicht zu verlieren“. Insgesamt sieht Baumann im Aus für die WAA einen „Gewinn für den Rechtsstaat“.

Im Gegensatz zum bayerischen Umweltministerium hat der CSU -Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Alois Glück, die Zeichen der Zeit eher erkannt. „Insgesamt können wir davon ausgehen, daß das

Projekt keine Fortführung findet“, stellte er fest. Für den Abgeordneten der bayerischen Grünen, Armin Weiß, war der „Baustopp längst überfällig“. Der Chemieprofessor warnte jedoch davor, den Baustopp als Anfang vom Ende der Atompläne in der Oberpfalz mißzuverstehen. Vielmehr befürchtet er, daß die Atomwirtschaft plant, das bereits fertige Brennelementeeingangslager gerichtlich als Zwischenlager durchzusetzen. Mißtrauisch sind auch die Oberpfälzer. Mit dem Baustopp allein wollen sie sich nicht zufrieden geben. „Der Wirtschaftsminister Lang hat gsagt, es wird gsprengt, auf des wart ma“, scherzte die langjährige Schwandorfer WAA -Gegnerin, Erna Wellnhofer. Der Widerstand werde sich keineswegs auflösen, betonten die WAA-Gegner nochmals. Ab jetzt werde der Widerstand verstärkt europaweit kämpfen. „Die Oberpfälzer werden nicht vergessen, wer die WAA unter Schlagstockeinsatz durchprügeln wollte“, so ein Sprecher der BI. Deshalb fordern die WAA-Gegner die „Endlagerung der verantwortlichen Politiker und Atommafiosi“.

„Laßt die Sektkorken knallen und verwandelt die Freude in weitere Kampfkraft gegen die Atomkraft“,

versuchten gestern die Bonner Grünen Stimmung unter den eher skeptischen WAA-Gegnern zu verbreiten. So richtig feiern wollen einige WAA-Kämpfer aber erst auf der Demo am kommenden Samstag.

Unablässig klingelten gestern im Schwandorfer Anti-WAA-Büro die Telefone. „Wird gefeiert?“ wollten die Anrufer wissen. Doch die Sektkorken knallten nicht.

Wenig überrascht vom Baustopp zeigte sich auch das Bonner Umweltministerium. Dem Ministerium gegenüber hatten die Stromunternehmen ihren Verzicht auf den Sofortvollzug längst erklärt. Das Bundeskabinett wird sich wahrscheinlich in der nächsten Woche mit dem Konzept für eine ausländische Wiederaufarbeitung beschäftigen. Umweltminister Töpfer (CDU) wird dann über seine Gespräche in London sowie mit der französischen Regierung und den deutschen Stromunternehmen berichten.

Inzwischen zeichnet sich ab, daß die Veba bei der europäischen Kooperation in Sachen Wiederaufarbeitung La Hague favorisiert, obwohl das Angebot aus Sellafield um rund 15 Prozent günstiger ist. Grund: Die Franzosen liefern Atomstrom in die BRD und beziehen dafür deutsche Steinkohle.