Blinde Eiferer

■ Das Phantombild der neuen Rechten: REP

Ein nach den Berliner Wahlen konzipiertes und jetzt erschienenes Buch war der Anlaß einer vom Rotbuch-Verlag organisierten Podiumsdiskussion: Der Göttinger Politikprofessor Claus Leggewie stellte dort seine Thesen über die „Republikaner“ vor, die er in seinem gestern erschienenen Rotbuch „Die Republikaner, Phantombild der neuen Rechten“ veröffentlichte, oder besser: er versuchte es.

Kernthese Leggewies: Mit den REPs ist eine europäische Erscheinung ins Parteienspektrum der BRD eingetreten, die zur „Normalität“ gehören wird wie Le Pen in Frankreich. Schon diese These provozierte vielfältig die in dem Auditorium vertretenen „Antifaschisten“, die ihm Verharmlosungen der faschistischen Gefahren vorwarfen. Auch als er darauf hinwies, daß nicht Schönhuber von der „Durchrassung“ (O-Ton Stoiber, CSU) oder von der „Auschwitz -Lüge“ gesprochen hat, sprangen ihm die Antifaschisten geradezu ins Gesicht: SIe warfen ihm vor, nicht auf die vielfältigen direkten Einflußnahmen der alten und neuen Nazis auf die Führungsspitze der REPs hingewiesen zu haben. Doch darum ging es Leggewie nicht. Andere Teilnehmer der Veranstaltung fragten mit ihm, warum nach jahrzehntelanger Bedeutungslosigkeit rechter Splitterparteien die „Republikaner“ plötzlich reüssierten. Eine Antwort: Sie aktivieren rechte Nichtwähler: „man kann wieder wählen“. Sie greifen mit Themen wie Umweltschutz, Parteienfilz, Ausländerhetze und nationaler Frage populistisch massenwirksame Politikfelder auf, die teilweise auch die Linken zu besetzen suchten. Es gebe, so Leggewie, bei den „Republikanern“ durchaus derzeit zwei Entwicklungslinien: Eine in die Nachfolge rechtsradikaler Parteien wie der NPD (in Nordrhein-Westfalen rekrutiert sich die gesamte Führungsmannschaft der REPs aus NPDlern), die andere in Richtung auf die von Strauß seit über zehn Jahren geforderte bundesweite CSU. Die auf dem letzten Parteitag der Grünen deutlich gewordene Tendenz der Negation der Ausländerhetze sei keine politische Antwort, weil sie die durch die Entwicklung der multikulturellen Gesellschaften entstehenden Probleme völlig verdränge.

Die im Auditorium zahlreich vertretenen Antifaschisten reagierten geradezu allergisch auf die Thesen Leggewies. Einige forderten von ihm, seiner „lockeren, liberalistischen“ Darstellungsweise zu entsagen. Über weite Strecken des Abends mußten unbeteiligte Zuschauer den Eindruck gewinnen, daß bei Diskussionen über die neuen Rechtsparteien mittlerweile Rede- und Denkverbote gefordert werden. Direkte Debatten zwischen den „Antifas“ und Publizisten wie Leggewie, die sich einen differenzierten Blick auf die neuen Rechtsparteien durch antifaschistische Aktionsbündnisse nicht verstellen lassen wollen, scheinen nur noch unter Geschrei möglich.

Jony Eisenberg

Claus Leggewie, „Die Republikaner, Phantombild der neuen Rechten“, Rotbuch-Verlag, 14 Mark.